Vor langer Zeit in Form gepresst – Geo-Pfad „Prümer Held“

Wird über die Eifel gesprochen, so geht es in der Regel entweder um die Vulkaneifel, den Nationalpark in der Nordeifel oder um die Felslandschaften der Südeifel. Warum eigentlich? Im Herzen der Eifel liegt eine Region, wie sie spannender und abwechslungsreicher nicht sein könnte: die Region rund um Prüm! Dabei sucht nicht nur die landschaftliche Vielfalt ihresgleichen, sondern auch geologisch gibt es so viel zu entdecken und zu verstehen! (Und ja, auch am Wegrand zu sammeln!)

So stellt der Wetteldorfer Richtschnitt nahe des gleichnamigen Schönecker Ortsteils für manchen Fachmann den Nabel Europas dar. Dort wie auch in weiten Teilen der Umgebung zeigen sich die Ablagerungen eines flachen Meeres. Hier finden sich Fossilien von Brachiopoden, Trilobiten, Muscheln und Schnecken in wechselnden Lagen verschiedener Gesteine. Geologen helfen die Funde, eine internationale Referenz (GSSP) für die geologische „Zeitgrenze“ zwischen Unter- und Mitteldevon festzulegen. Dank der Schönecker Fundstelle konnte sie auf einen Zeitpunkt vor 393,3 Millionen Jahren festgelegt werden. Es handelt sich um den einzigen verbindlich festgelegten und allgemein anerkannten Richtschnitt in Deutschland. Noch heute gehen auf diesen unscheinbaren Ort und seine Funde wichtige geologische Publikationen und Erkenntnisse von internationaler Bedeutung zurück. Ich bin beeindruckt, auch wenn ich mich sehr bemühen muss, nachzuvollziehen, was das bedeutet. Mir das Ganze bildhaft vorzustellen, erleichtert die Sache etwas. Es ist die Geschichte „meines“ Stückchens Eifel, und ich will sie verstehen!

Also, warum ist das hier Sichtbare so einzigartig? Seit sich die Ablagerungen gebildet haben, ist viel Zeit vergangen, und ein Großteil der Schichten wurde abgetragen. Übrig blieben meistens nur die unteren Schichten, also die aus dem Unterdevon. Nur dort, wo die Ablagerungen aus Mittel- und Oberdevon bei der Auffaltung von Gebirgen in die Falten hineingedrückt wurden, sind sie heute noch erkennbar, in sogenannten Sätteln und Mulden. Eine davon ist die Prümer Kalkmulde! Fossilien sind hier in Massen zu finden – nicht nur in Steinbrüchen, sondern auch an dem einen oder anderen frisch gepflügten Feld, wo sie einfach zum Sammeln bereit herumliegen. Felder sollte man natürlich nicht betreten, aber auch am Rand bieten sich reichlich Sammelgelegenheiten! Wirklich!

Den Wetteldorfer Richtschnitt hatte ich bereits früher bei meiner Wanderung auf dem Schönecker Panoramaweg ausführlich in Augenschein genommen – nicht aber den idyllischen Wanderweg oberhalb von Prüm, der im Winter, wenn die Bäume nicht belaubt sind, sogar den einen oder anderen Ausblick auf Prüm bietet: den Geo-Pfad „Prümer Held“ an der Ostseite des Prümer Talkessels. Er kommt mir gerade Recht, um noch besser zu verstehen, was es in der Prümer Kalkmulde zu sehen gibt und warum das so außergewöhnlich ist! Nichts wie los – und die Kamera ist natürlich auch dabei. Dort, wo die B410 sich von der Dausfelder Höhe nach Prüm hinunter schlängelt, bietet ein kleiner Parkplatz am Berg einen einfachen Einstieg in den Wanderweg. Der Wald ruft und lädt zum Erkunden ein. Also Wanderschuhe an, und auf geht‘s!

Bereits am Parkplatz informiert ein Schild über die fünf Stationen und mögliche Fossilienfunde wie Trilobiten, Seelilien, Einzelkorallen, Koloniekorallen und Brachiopode. Folgt man dem Schneifel-Pfad oder der Prümer-Land-Tour (Route 1) bergauf, so findet man schnell einen Einstieg in den Geo-Pfad, der mit weniger als einem Kilometer Länge ohne viele Höhenmeter zugleich ein lohnendes Ziel für einen gemütlichen Sonntagsspaziergang darstellt. Auf diesem kurzen Stück gibt es so viel zu lernen und zu entdecken! Als ich mich im Herbst aufmache, die Strecke zu erkunden, entzücken nicht nur das bunte Laub, sondern auch die verschiedensten Pilze mein Herz! An den Stationen schaue ich mir die Gesteinsaufschlüsse an und staune! Ich blicke mitten hinein in die Entstehungsgeschichte unserer Erde und vor allem dieser wunderbaren Landschaft. Das, was ich hier sehe, ist vor 370 Millionen Jahren auf einem Meeresboden entstanden. Hier gab es eine Küste, Korallenriffe, jede Menge Tiere und Pflanzen, die sich uns heute noch in versteinerter Form darbieten. An fünf Stationen lernen wir vier verschiedene Ablagerungsformen kennen: die Wetteldorf-, Heisdorf-, Lauch- und Unteren Nohn-Schichten, die einer Zeit zwischen Eifelium, Mitteldevon, Unterdevon und Oberemsium entstammen. Ganz einfach gesagt: Bereits auf diesem kurzen Wegstück sieht das Gestein in Form und Farbe ganz unterschiedlich aus, und es lassen sich die verschiedensten Überreste finden – und das zum Sehen, Anfassen und (in kleinen Mengen) Sammeln und mit nach Hause nehmen!

Jeder Stein am Wegrand erzählt uns seine Geschichte. Ich packe meine Kamera aus und halte die Formen und Farben fest, um sie für immer mit nach Hause nehmen zu können. Mein Stück Eifel, mein Brocken Erdgeschichte, mein Splitter Ewigkeit. Ein paar kleine Fossilien stecke ich ein, die großen Steine fotografiere ich ausgiebig. Die Vielzahl an erkennbaren Lebewesen aus längst vergangenen Tagen ist gewaltig und überwältigend. Tief beeindruckt lasse ich mich in der schmucken Schutzhütte auf die Bank sinken und tauche ein in die uralten Zeiten. Meine Phantasie kennt keine Grenzen. Ich kann das Meer vor mir sehen, und die Wesen, die sich mir eben noch im Fels darstellten, nehmen Gestalt an. Korallen, Schnecken, Trilobiten im lichten Blau des Wassers, während um mich herum die Wellen schwappen und ich zwischen ihnen herumschwimme. Ich möchte die Hand nach ihnen ausstrecken, doch es ist nur mein Daumen, der 370 Millionen Jahre später über das Gestein streicht und einen Gruß an das versteinerte Wesen schickt, das sich darin für die Ewigkeit erhalten hat.

 

Hinweis für Geocacher: Dieser Geopfad ist zugleich ein Earthcache: https://www.geocaching.com/geocache/GC1MJ28_geological-footpath-prumer-held

Parkgelegenheit: an der B410 auf halber Höhe zwischen der Dausfelder Höhe und Prüm (links), GPS ca. 50°12’36.25″N,  6°25’52.71″E

Weitere Informationen: Naturparkzentrum Prümer Land, Tiergartenstraße 70, 54595 Prüm (https://www.naturpark-eifel.de/de/naturpark-erleben/Naturerlebniszentren/detail/Naturparkzentrum-Pruemer-Land-19v/)

Quellen:
Josef Miesen, „Fossilien der Eifel“
Wilhelm Meyer, „Geologie der Eifel“, E.Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller) Stuttgart
Informationsschilder am Wegrand

 

Station 1 (Wetteldorf-Schichten)
So liegen die Stationen und Aufschlüsse am Wegrand
Station 3 (Grenze Heisdorf-Schichten / Lauch-Schichten)
Gestein und Erdreich bei Station 5 (Untere Nohn-Schichten)
Station 4
Rastmöglichkeit am Wegrand
In diesem Waldstück verbirgt sich der Geo-Pfad mit seinen geologischen Geheimnissen.
Pilze am Wegrand