Von Barrierefreiheit, Fischen und anderem Gedöns – Stausee Auw

Westufer

Es herbstelt ein wenig, als ich mich auf den Weg mache, den Stausee Auw zu erkunden. Warum ich ihn erkunden möchte? Weil ich Seen mag – nicht nur die großen, bekannten. Wenn mir ein Schild einen Hinweis auf eine landschaftliche Besonderheit gibt, dann muss ich da hin. Hier vor Ort, das erkenne ich schon bei der Anfahrt und erst recht, als ich an den See herantrete, ist zudem noch etwas ganz Neues, zur Zeit noch recht Seltenes, gestaltet worden: ein barrierefreier Komfortwanderweg.

Was ist das denn für ein See zwischen idyllischen Hügeln, den ich nun erkunden werde? In den 1970er Jahren wurde der Auwbach an dieser Stelle im Norden der Verbandsgemeinde Prüm zu einem 4,5 ha großem See aufgestaut. 2022 wurden nicht nur Sedimente entfernt, die die Wasserqualität beeinflussten, sondern auch der Staudamm saniert und vor allem der Weg angelegt, auf dem ich nun den See umrunden werde. Barrierefrei und bequem, mit zwei Parkplätzen und einer Toilette. Baden ist hier verboten, Angeln erlaubt und auch mit Handicap möglich.

Ich parke oberhalb der Anglerhütte, kurz nach einer scharfen Kurve in der Senke, wo eine Brücke den Auwbach überquert. Der barrierefreie Parkplatz befindet sich weiter unten, aber den brauche ich Gott sei Dank noch nicht. Nach wenigen Schritten abwärts befinde ich mich am Ufer. Da sich links von mir Angler befinden, wende ich mich spontan nach rechts, um das Gewässer gegen den Uhrzeigersinn zu umrunden. 2020 war ich schon einmal hier, aber da war alles noch anders: nicht barrierefrei, und sehr wenig Wasser im See. Darüber kann ich mich nun ganz und gar nicht beklagen, und so gelange ich gemütlich und in einem entspannten Trab (wenn ich nicht gerade wieder stehenbleibe, um einen besonders schönen Blick fotografisch einzufangen) sehr schnell zu dem geschützten Teil am südlichen Zufluss des Bachs, wo Schilf und Röhricht im sumpfigen Gelände unzähligen, teils seltenen Tieren Unterschlupf bieten. Es folgt ein hölzernes Fußgängerbrückchen parallel zur eigentlichen Brücke, denn hier kann ich kurz die Straße sehen, auf der ich hierher gefahren bin. Natürlich ist auch hier alles barrierefrei. Aber wenn ich hinunter zum Bach will, um ein paar Fotos zu machen, dann ist Trittsicherheit das Gebot der Stunde. Die Sonne kommt heraus, lässt das Wasser glitzern und bietet mir ein freundliches Geleit in ein Waldstück hinein, das in den ersten Herbstfarben leuchtet.

Zwischen den Bäumen kann ich den See funkeln sehen, und ab und zu bietet sich ein Ausblick auf die Anglerhütte, die malerisch direkt am gegenüberliegenden Ufer liegt. Die Luft ist frisch, und der feuchte Wald riecht leicht nach Pilzen. Etwas Laub raschelt unter meinen Füßen, als ich mich auf die Bank setze, um zu schauen, zu verweilen, mich am Anblick zu erfreuen – und natürlich, um zu fotografieren!

Kurz darauf treffe ich nach einer weiteren Brücke auf einen noch breiteren, asphaltierten Weg und den zweiten Parkplatz. Diese östliche Seite des Sees ist besonders komfortabel zugänglich, und ich habe die Auswahl zwischen gleich mehreren verschiedenen Bänken und Picknickplätzen. Außerdem geben Infotafeln mir Auskunft über den Rundweg und auch über das Leben der Biber. Ach, sähe ich doch einmal einen! Aber dieser Wunsch wird leider nicht erfüllt. Dafür erfahre ich, dass es sich bei den von mir so profan begangenen Landschaften um besonders geschützte Biotope handelt: Feuchtwiesen, Röhricht und Erlensumpfwald. Und wenn ich lese, dass ich es hier beim Auwbach mit einem Mittelgebirgsbach zu tun habe, dann klingt das einfach nur nach Urlaub. Hach, erst einmal Pause machen und den Blick über den See genießen! Gegenüber an der Angelhütte ist einiges los – es ist ja auch Sonntag. Mehrere Menschen haben ihre Ruten ausgeworfen und warten auf einen guten Fang. Dafür breitet sich links von mir noch einmal ein Schilfgürtel aus, der im Sonnenlicht besonders idyllisch anzusehen ist. Bei jedem Rascheln und Plumpsen spähe ich neugierig, wer sich im Röhricht versteckt. Wasservögel? Frösche? Ich kann es nicht erkennen. Sonne und Wolken wechseln sich ab, und ich setze mich wieder in Trab.

Wenige Meter weiter bietet ein barrierefreier Angelsteg nicht nur Menschen mit Angelschein die Möglichkeit, auch vom Rollstuhl aus Fische zu fangen, sondern mir zudem einen besseren Überblick über den Freizeitsee. Kurz darauf betrete ich den künstlichen Damm, der zum Stauwehr führt. Es geht ganz schön tief hinunter, über eine glatte Betonoberfläche. Doch dort unten, da geht es ganz idyllisch weiter mit meinem munteren Auwbächlein. Vorbei an einem Infoschild zum Landschaftselement Streuobstwiese und der Toilette (sehr praktisch; barrierefrei, allerdings mit normaler Eingangstür) laufe ich zurück zum Auto. Schön leise natürlich: Ich will den anwesenden Anglern ja nicht die Fische verjagen!

Gut 1,5 km Wanderweg liegen hinter mit, und für mich – wegen des Parkplatzes – auch 20 Höhenmeter. Entspannt war’s und einfach schön! Ich komme gerne wieder!

 

Wanderparkplätze: An der L1 zwischen Roth bei Prüm und Auw bei Prüm (GPS  50°18’19.62″N, 6°21’17.51″E und ca. 50°18’23.68″N, 6°21’36.08″E)

Weiterführende Links:
https://www.pruem.de/tourismus-freizeit/barrierefreie-angebote/
https://www.ferienregion-pruem.de/komfort-wanderweg-stausee-auw
https://bueroberg.de/stausee-auw-arbeiten-beginnen-im-mai/

barrierefreier Anglersteg

Am Südwestende des Stausees
barrierefreier Wanderweg zur Staumauer
Anglerhütte 2020
Stausee im Juni 2020
Juni 2020 vor Errichtung des barrierefreien Weges – im Hintergrund die Staumauer
Idylle im Juni 2020
barrierefreier Anglersteg im Juni 2020
Südwestliches Ufer im Juni 2020

Herbstleuchten am Wascheider Stausee

Wascheider Stausee im Herbst

Man muss keine romantische Natur sein, um sich angesichts dieser leuchtenden Schönheit in poetischen Anwandlungen zu verlieren! So treibt mich die Neugier bereits ein zweites Mal zu einem kleinen, aber feinen Ausflugsziel: zum Wascheider Stausee in der Nähe von Gondenbrett am Fuße des Schneifel-Höhenzugs.

Mein Wiedersehen mit dem Mehlenbach verläuft schwärmerisch, auch angesichts der leuchtenden Herbstfarben, die selbst ohne Sonne ein Lachen in meine Seele zaubern. Die Anreise verläuft auf kleineren Straßen von der Höhe nördlich von Prüm („Zur Tafel“) kurvig mit ständig wechselnden Aussichten hinab ins Tal, vorbei an der trutzigen Kirche von Gondenbrett. Ich bestaune ihr auffallend-ungewöhnliches unverputztes Schichtmauerwerk, die hohen gotischen, in Buntsandstein eingefassten Fenster und den unverhältnismäßig klein wirkenden Glockenturm. Rechterhand begleitet von den Schleifen des glitzernden Mehlenbachs und umgeben von grünen Wiesen und leuchtendem Herbstwald folge ich den Hinweisschildern zum Stausee, der mich still begrüßt und mir die bunten Farben der Bäume spiegelnd entgegenwirft.

Wenige hundert Meter weiter bietet ein Parkplatz reichlich Platz, doch heute steht hier neben meinem nur ein einziges weiteres Auto. Menschen treffe ich hier heute keine. Bei meinem ersten Ausflug hierher im Mai 2020 war es auch recht einsam, und ich erinnere mich, dass ich eigentlich nur dem kleinen Rundweg um den See folgen wollte, aber letztlich beim Umrunden im Uhrzeigersinn den Zugang verpasste. Ich driftete viel zu weit ab, bis es nur noch bergauf weiterging und ich weit oberhalb des Sees den Wald erkundete, bis mich ein steiler und nicht allzu häufig begangener Pfad (auf dem ich kurz vor dem Tal sogar einen umgestürzten Baumstamm überwinden musste) wieder hinab führte. Ich erinnere mich an das Gefühl von Schönheit und Abenteuer, aber heute möchte ich am See bleiben und laufe daher „auf Nummer sicher“ andersherum, immer fein am Wasser entlang über die Staumauer, zunächst über die Straße und dann unterhalb zu dem barrierefreien Angelsteg mit der Bank, die nicht nur Angelfreuden, sondern auch eine schöne Aussicht bietet. Mein Blick gleitet nach links, zu dem kleinen Strandabschnitt. Heute ist alles leer, und ich genieße die Stille und Einsamkeit.

Über die Staumauer mit Blick über die Länge des Sees auf die umgebenden Hügel, begleitet vom Rauschen des Mehlenbach-Wassers, das jenseits der Mauer wieder in die Freiheit entlassen wird, gelange ich zu einem verträumten Uferpfad, der sich am Wasser entlang durch den bunten Mischwald schlängelt. Schließlich gelange ich am oberen Ende des Sees an eine kleine Holzbrücke, die mich – vorbei an einer geheimnisvollen Moorlandschaft – zurück zur Straße und zum Parkplatz geleitet. Nicht einmal einen Kilometer habe ich zurückgelegt, und doch bin ich – wie so oft – weitab von allen anderen Gedanken und Sorgen unterwegs. Ich verweile noch etwas auf einer Bank, noch nicht bereit, wieder „aufzutauchen“ und mich dem Leben und dem kommenden Winter zu stellen.

Zum Abschied bricht die Sonne durch die Wolken und taucht die Herbstlandschaft noch einmal in die buntesten Farben. Still und starr ruht der See – und spiegelt mir die farbenfrohe Schönheit noch einmal kraftvoll entgegen bis tief in meine Seele. Zum Aufbewahren für den Winter. Und natürlich auch zum freudigen Fotografieren, um diese bunte herbstliche Freudenbotschaft für immer festzuhalten.

 

Weiterführende Links:
https://www.ferienregion-pruem.de/oertlicher-wanderweg-wascheid
https://www.pruem-aktuell.de/stausee-wascheid-allg

Geocaches:
Am See:
https://www.geocaching.com/geocache/GC8PXN9
Am nahegelegenen Hof Steinrausch, wo Ziegenkäse produziert wird: https://www.geocaching.com/geocache/GC8Y9FW

Wascheider Stausee im Frühjahr

Der Rundweg führt direkt am Ufer entlang.

Brücke oberhalb des Stausees

Der Mehlenbach oberhalb des Stausees
Wanderweg oberhalb des Stausees

Viel mehr als „nur“ Stullen im Café Stullwerk – Schlemmen im und am Eisenbahnwaggon in Pronsfeld

Diesen Sommer mache ich erneut Station ins Pronsfeld. Hier gibt es etwas Neues zu entdecken, das mir schon auf der Suche nach der Riesenbank, beim Besuch des Eisenbahnmuseums und auch bei meiner Tour durchs Alfbachtal Freude gemacht hätte.

Wie viele Radfahrer und Wanderer mögen hier schon hungrig und durstig gestrandet sein und dankbar gerastet haben? Eines ist sicher: Auch die Einheimischen haben das neue Café am ehemaligen Bahnhof in Pronsfeld schon liebgewonnen. Praktisch ins Eisenbahnmuseum integriert bieten Conny und Boris hier samstags und sonntags Kaffee, alkoholfreie Erfrischungsgetränke, Kuchen und selbstverständlich auch die namensgebenden Stullen an. Der Kaffee stammt von der Kaffeerösterei Daun. Die Küche ist im Schwerpunkt – aber nicht ausschließlich – vegetarisch. Es herrscht ein entspanntes und freundliches Miteinander, und niemand bleibt lange hungrig oder durstig.

Auch ich werde herzlich begrüßt, und es fällt mir schwer, mich für einen der hausgemachten Kuchen zu entscheiden: sie sehen alle so lecker aus! Ich entscheide mich für den Russischen Zupfkuchen und heiße Schokolade: eine gute Wahl! (Mir wurde zugetragen, dass auch die anderen Kuchen ebenso gut gewesen wären: Die Liste der mir von Bekannten zugetragenen empfohlenen „besten“ Sorten ist lang!)

Ich sitze draußen auf dem Bahnsteig, atme die frische Luft, genieße jeden Bissen und schaue dabei auf den alten Bahnhof, Lok und Waggon, die Ausstellung, den Radweg und die mich umgebende Natur. Und auf andere Gäste, spielende Kinder und interessierte Radler. Schließlich bin ich fertig mit der Schlemmerei und dem entspanntem Beobachten, erklimme neugierig die steilen Stufen des Waggons und gestatte ich mir einen Blick ins Innere. Das 3.-Klasse-Abteil aus dem Jahr 1940 lädt uns auf eine kleine Zeitreise ein. So sind die Menschen früher Bahn gefahren. In Gedanken hieve ich einen großen alten schweren Koffer auf die Gepäckablage und nehme auf dem glatten Holz Platz. Die Bänke sind schön abgerundet und in der Sitzfläche leicht vertieft. Trotzdem bin ich ganz froh, dass ich darauf nicht tagelang durch die Weltgeschichte reise. Kaffee trinken dagegen macht hier Freude. An den Wänden hängen alte Fotos von Pronsfeld, seinem Bahnhof und seinen Zügen. Da darf man ruhig etwas nostalgisch werden.

1943 gab es in Pronsfeld noch zwei Stellwerke – heute gibt es das Stullwerk! Wie schön!

Weitere Infos: Café Stullwerk am alten Bahnhof/Eisenbahnmuseum in Pronsfeld, geöffnet von April bis Ende Oktober Samstag und Sonntag 11-18 Uhr
(Außenbereich barrierefrei zugänglich)
Instagram: @stullwerk

Conny und Miri kümmern sich am Tag meines Besuchs hingebungsvoll um die Gäste.

Von Ringen und Steinen – auf den Spuren der Kelten unterwegs (Keltenring Prüm)

Warum mich die Kelten so faszinieren? Vielleicht, weil sie für uns nicht so greifbar sind wie die Römer und alles, was in der Geschichte nach ihnen kam. Vor 30 Jahren stand ich in England vor den Steinen von Stonehenge, umringt von Touristen und durch Zäune fern gehalten, und wartete vergeblich darauf, etwas Magisches zu verspüren. In der Eifel ist das anders. In der Eifel begegnet man den Spuren der Kelten unmittelbar. Ihre Hinterlassenschaften sind nur teilweise offensichtlich erkennbar, und gerade das schafft diese faszinierende Brücke zwischen dem, was wir heute wissen und erleben, und der Welt der Sagen und Mythen.

An vielen Orten gibt es Keltenringe und Steine. Für mich von meiner Eifel-Unterkunft aus praktisch nur einen Steinwurf entfernt: die Kelten-Fliehburg in der Schönecker Schweiz, der Langstein in Wallersheim und die Keltenringe in Weinsheim und Prüm.

Anfang November 2019 mache ich mich auf, den Keltenring in Prüm zu erkunden. Auf der Wanderkarte (siehe Empfehlung unten) ist der Keltenring deutlich zu erkennen. Wer der Prümer-Land-Tour-Route 1 folgt, kann ihn nicht verfehlen. Aber wie üblich folge ich meiner eigenen Wegführung und mache dadurch auch meine ganz eigenen Erfahrungen! Ich parke am Ende der Straße „Pferdemarkt“, die sich geradeaus als breiter bequemer Wanderweg fortsetzt. Es geht stetig bergauf, links grüßt steil aufwärts ein vorwiegend aus Nadelbäumen bestehender Wald, rechts fällt der Hang, von Laubbäumen besiedelt, tief zur Prüm hin ab. Ganz oben angekommen, raste ich erst einmal in einer gemütlichen Schutzhütte mit Blick auf das harmonische Grün und die bunten Farben des Herbstwaldes. Von hier zweigen sternförmig Wege ab, und ich habe die Wahl: Der Keltenring lässt sich von oben oder von unten erfahren, und ich wähle den oberen Weg, der im spitzen Winkel direkt links von der Route, über die ich gekommen bin, über die Höhe führt. (Halblinks bergab wäre alternativ die Prümer-Land-Route 1 weitergegangen, die dann linkerhand zu der später beschriebenen Info-Tafel führt. Hier befindet sich auch ein Hinweisschild zum Naturdenkmal „Alte Tannen“ – schon wieder ein Plan für die Zukunft, die muss ich kennenlernen!) Genug der Wegbeschreibungen!

Auf dem recht breiten und bequemen Wanderweg über die Höhe, der links und rechts von dichtem Wald gesäumt ist, lässt sich der Ring in Form von zwei Wällen erahnen, die der Weg sanft überwindet. Dies ist hier oben der einzige Hinweis auf das Vergangene. Auf dem zweiten Wall schlage ich mich rechts in die Büsche und folge einem kaum sichtbaren Pfad, der mich im Halbkreis über den alten Wall durch ein fast unberührtes Waldstück führt. Ich wandele im wahrsten Sinne des Wortes auf den Spuren der Kelten! Rechts von mir raschelt es. Wenn jetzt direkt vor mir ein Reh auftauchen würde, wäre das keine Überraschung. Oder ein Wildschwein. Ich schaue mich um. Weit und breit keine Spur menschlichen Lebens. Was ich eigentlich sehr mag. Wie oft hier wohl jemand läuft? Bestimmt nicht täglich. Einmal in der Woche? Im Monat? Es ist wunderschön und ein ganz kleines bisschen gruselig. Was, wenn wirklich ein Wildschwein käme oder ich stolpern und mir die Beine brechen würde? Ich atme tief durch. Es riecht so gut nach Bäumen, Pilzen und Moos. Verwunschen sieht es aus. Reichlich Platz für Elfen und Zwerge und für mich mit meinen Gedanken. Ich kann gar nicht anders als diesem wunderbaren Pfad weiter zu folgen und den Wald zu erkunden. Das Wort „Traumpfad“ würde passen, und vielleicht ist es genau das, was die Menschen in Australien auch machen: Dem Herzen folgen. Interessanterweise gibt es auch in der Eifel eine ganze Reihe von sogenannten „Traumpfaden“. Zufall? Egal, das hier fühlt sich gut an.

Nach einem perfekten Viertelkreis über den Wall erreicht der Pfad die Oberkante einer aus Steinen aufgeschichteten und oben und seitlich mit Holz verstärkten Befestigung, die ich ausgiebig erkunde. Doch ich muss einem Pfad bergab zum tiefergelegenen parallelen Wanderweg (Prümer-Land-Tour 1) folgen, um die Infotafel zu lesen. Am Wegrand finde ich wunderschöne Pilze, die ich erst einmal ausgiebig fotografieren muss. Gut, dass mich keiner sieht, wie ich da auf dem Waldboden hocke und liege und krieche, um sie schön aufs Bild zu bekommen. Es entstehen Fotos vom Herbstwald und all seinem Leben und all seinen Farben, die zu Sinnsprüchen einladen: „Wenn du nicht weißt, wohin dein Weg führt, genieße die Farben am Wegrand“ poste ich am 16. November 2019 auf Facebook, begleitet von einem dieser Herbstwaldfotos, denn zum Zeitpunkt der Wanderung weiß ich gerade seit ein paar Tagen, dass ich meine Arbeitsstelle wechseln muss und dass vor mir eine lange schwierige Zeit der Suche und der Ungewissheit liegt. Da kommen mir Farben, Moos, Pilze und die Kelten gerade Recht.

Irgendwann ist es dann doch Zeit für die Infotafel, die mir auf einer Abbildung einen Eindruck der Größe und Bauweise der früheren Anlage vermittelt und natürlich noch mehr. So diente der Burgring vermutlich als Stützpunkt und Machtsymbol – übrigens später noch einmal im Mittelalter, auch wenn es dann natürlich nicht mehr die Kelten waren, die ihn bewohnten. Er wurde mit neueren Aufbauten vermutlich als Fluchtburg genutzt. Das rekonstruierte Tor der Keltenburg, das ich gerade bestaunt hatte, basiert auf Ausgrabungen aus dem Jahr 1974. Die ursprüngliche Anlage wird in die sogenannte Latèneperiode datiert und dürfte in der Eisenzeit etwa zwischen 500 und 100 vor Christus genutzt worden sein – ähnlich wie ihre „Schwester“ im Altburgtal der Schönecker Schweiz, die ich früher im Jahr bereits gesucht und schließlich auch gefunden hatte. Besucht habe ich auch den Langstein in Wallersheim, doch davon soll später einmal die Rede sein. Ich kann mich nicht überwinden, dem „geraden Weg“ der Route 1 zu folgen, und so klettere ich wieder hinauf auf die Höhe des Walls, bewundere noch einmal das rekonstruierte Tor, spähe in die Tiefe wie die Verteidiger vor über 2000 Jahren, rieche und spüre den feuchten bunten Wald um mich herum und genieße den federnden Boden unter meinen Füßen. Immer wieder spähe ich links und rechts, denn ich kann die Tiere ringsum hören und spüren, aber ich sehe nichts.

Der breite Wanderweg, der mich am Ausgangspunkt dieses abenteuerlichen Pfades erwartet, erscheint profan und unromantisch. So bin ich nur ein winziges bisschen erleichtert, weder mit gebrochenen Knochen noch vom Wildschwein erlegt vor der Welt verborgen auf dem Pfad zu dahin zu scheiden, und tief in mir kratzt die Enttäuschung, weil wieder alles so normal ist. Ich bin wieder im Heute. Irgendwie schade. Vielleicht blinzelt ja irgendwo hinter mir noch ein Kelte um die Ecke. Oder ein Zwerg, eine Elfe, ein heimliches Eifelwesen… Wer weiß.

Viel zu schnell erreiche ich bergab den Tannenweg und das Post-Feriendorf. Es erwartet mich ein fröhlicher Abend. Aber das weiß ich in diesem Moment noch nicht…

Quellen, Links und Empfehlungen:
www.ferienregion-pruem.de
Wanderkarte Nr. 17 (Prümer Land) des Eifelvereins, ISBN 978-3-944-620-00-8
https://www.eifelverein.de/index.php/verlag/buecher-und-karten/wanderkarten/254-pruemer-land-nr-17

Keltenring Prüm:
https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=23877, Wanderwege: Prümer Land-Tour Route 1
Parkgelegenheit: Am Postferiendorf (Straße „Pferdemarkt“ bis zum Ende durchfahren, am Straßenrand parken.)
Länge der von mir geschilderten Route: ca. 2,2 km

Kelten-Fliehburg Schönecken:
https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=2416, Örtlicher Rundwege 1
weitere Empfehlungen:
https://susanne-wingels.de/schoenecker-schweiz-auf-der-jagd-nach-der-felsenburg

Oben angekommen! Hier biege ich scharf links ab (im spitzen Winkel, dem grünen Schild folgend). Die Prümer-Land-Tour 1 setzt sich nach links bergab und dann wieder links fort (auf diese Weise gelangt man automatisch zur Infotafel).
Links bergab ginge es zu diesem Naturdenkmal. Die Prümer-Land-Tour 1 folgt zunächst dieser Strecke.
Auf dem Weg ist der Wall deutlich erkennbar.
Das Abenteuer beginnt!

Rekonstruierte Toranlage der Keltenburg (Oberkante). Links der Pfad hinab zur Info-Tafel.

Rekonstruierte Toranlage der Keltenburg
„Wenn du nicht weißt, wohin dein Weg führt, genieße die Farben am Wegrand“

Auf dem Heimweg

Flieg nicht zu hoch, mein kleiner Freund… – der fliegende Käfer von Buchet

Was anfänglich nach Biene Maja oder Insektenforschung klingt, ist etwas sehr Ungewöhnliches. Im Internet hatte ich ein Foto gesehen, das mich sehr neugierig machte. Sofort sprang ich (ich hoffe nur innerlich!) auf und dachte: So etwas kenne ich noch nicht – das muss ich sehen! Und natürlich fotografieren, das versteht sich von selbst.

Und so kommt es, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben nach Buchet fahre. Waren Sie schon einmal da? Buchet liegt am Höhenzug Schneifel im Naturpark Hohes Venn-Eifel, einfach ausgedrückt zwischen dem Höhenzug und der belgischen Grenze. Fährt man von Prüm über Niedermehlen und Sellerich nach Bleialf und hält sich dann rechts, kommt man dort hin. Ich jedoch habe den Käfer von Buchet direkt für meinen Anreisetag geplant und besuche vorher noch meinen Freund, den Schwarzen Mann. Ich kann nicht durch die Schneifel fahren, ohne dort zu halten, den Kerl zu umarmen und nach Möglichkeit mit dem Selbstauslöser ein Foto davon zu machen. Also fahre ich im strahlenden Sonnenschein los, lege eine Kuschelminute bei dem Holzkerl oben auf dem Kamm der Schneifel ein, wandere vom Wanderparkplatz Brandscheid noch ein paar Meter durch den Wald bis zum Dreiländerblick und mache mich schließlich mit dem Auto auf den Weg nach Buchet.

Was auf der Landkarte so einfach aussieht, nämlich der sich schlängelnden „Hauptstraße“ Richtung Norden zu folgen, gestaltet sich im echten dreidimensionalen Leben etwas herausfordernder. So geht es kräftig bergab um die Kurve, in der sich zudem eine Baustelle mit einseitiger Straßensperrung befindet. Sozusagen Fahren im Blindflug nach Gehör. Und dann sehe ich ihn, gleich links von mir: den fliegenden Käfer von Buchet!

Auf einer Wiese befindet sich auf einem 7 Meter hohen Mast eine überdimensionale Wippe: an der einen Seite ist die Karosserie eines alten VW Käfer befestigt, auf der anderen Seite sein Motor und sein Getriebe. Der Wind treibt beide sanft wippend im Kreis herum. Und das bereits seit 2008. Im Rahmen einer internationalen Skulpturenausstellung von „Artemedia“ installierte derzeit der Metallbildhauer Herbert Kruft (sein Skulpturenpark in Niederprüm ist immer einen Besuch wert!) den fliegenden Käfer am Ortseingang von Buchet. Und dort dreht er sich auch heute weithin sichtbar im Wind und sorgt für staunende Gesichter.

Direkt unterhalb der Wiese befinden sich Parkmöglichkeiten am Gemeindehaus. Ein Wanderweg führt von hier durch das Alfbachtal nach Bleialf, doch wir nehmen den Pfad bergauf, der uns direkt zu dem rot leuchtenden Kunstwerk führt. Wildblumen begleiten mich am Wegrand, und zu meinen Füßen sonnt sich eine Blindschleiche. Nach wenigen Metern öffnet sich linkerhand das Gebüsch und gibt mir den Blick frei auf das Objekt meiner Neugier: den Käfer von Buchet. Und so nehme ich Platz auf einer Bank und schaue ihm zu, dem roten Automobil, wie es sich unermüdlich im Wind dreht und sich vorwärts und rückwärts neigt, als würde es gleich seinen Motor starten und einfach weiter zum Himmel fliegen. Irgendwie meditativ, das Ganze. Und absolut außergewöhnlich.

Nach einer Weile stehe ich auf und beginne, das überdimensionale „Windspiel“ von allen Seiten zu fotografieren. Besonders die Perspektive, bei der ich fast direkt darunter stehe und man die Wippe kaum wahrnehmen kann, macht mir Spaß. Meine Freunde lächeln immer darüber, wie viele Aufnahmen ich von einem einzigen Objekt machen kann. In diesem Fall sind es 72. Zufrieden hänge ich mir die Kamera wieder um den Hals und mache mich „auf die Socken“ zurück zum Auto. Nur noch schnell ein paar Blumen fotografieren und den Blick zum Alfbach hinunter. Ich schaue mich um.

Fröhlich wippend scheint der Käfer mir nachzuwinken und wendet sich mir noch einmal zu. Weiter unten im Tal gluckert der Alfbach idyllisch vor sich hin und wartet darauf, dass ich ihn erkunde. Wird gemacht, lieber Alfbach! Versprochen!

https://www.skulpturenpark-kruft.de/kunst/fliegender-vw-kaefer-6-internationale-skulpturenausstellung-gipfeltreffen-von-artemedia/, www.buchet.de, www.ferienregion-pruem.de, https://www.pruem.de/buchet#top_o

Geocache vor Ort: https://www.geocaching.com/seek/cache_details.aspx?wp=GC2MFYA&title=

Blindschleiche voraus
Am Wegrand
Das Alfbachtal
Der Weg nach Bleialf am Alfbach entlang

Ein bisschen Gullivers Reisen – die Suche nach der Pronsfelder Riesenbank

Die Neuigkeit dringt gleich aus mehreren Kanälen zu mir vor: Pronsfeld hat jetzt auch (wie Birresborn in der Nähe der Eishöhlen) eine Riesenbank! Sie liegt direkt am Wanderweg, oben auf dem Berg. Viel mehr ist zu diesem Zeitpunkt nicht herauszufinden, aber es wird deutlich, dass sie sich auf dem Höhberg am Wanderweg 22 befinden müsste.

Kurz darauf „urlaube“ ich wieder in der Eifel und mache mich sofort auf die Suche. Zu dem Zeitpunkt gibt es im Internet noch keine genaueren Angaben, aber ich habe mir auf der Wanderkarte angeschaut, wo sich der Höhberg befindet und welche Stellen ich mir für eine solche Bank vorstellen könnte. Auf dem Parkplatz am Bahnhof/Eisenbahnmuseum liegen brandneue Infoblätter mit Wanderwegen aus, und ich überlege mir eine Route, die mich ans Ziel bringen soll.

Da Wanderweg 8 (Route gelb), der nach oben auf den Höhberg zum Wanderweg 22 führen soll, ein Rundweg ist, stehe ich gleich hinter dem Bahnhof vor der Qual der Wahl: halbrechts durchs Alfbachtal oder halblinks an der Prüm entlang. Mein Ziel? Genau vor mir oben auf dem Berg „in der Mitte“, also zuckele ich unsicher nach links durch das Tal der Prüm, bewundere die Alfbachmündung und stocke in meiner Unentschlossenheit vor einem Schild, das auf einen Pfad zeigt, der durch den Wald steil nach oben führt: „Aussichtspunkt“. Damit könnte ja… Wahrscheinlich nicht… Aber wenn ich nicht da entlang laufe, ist es vielleicht doch der Weg zur Riesenbank. Und da hoch muss ich sowieso. Also lege ich alle Pläne ad acta, lasse Rundweg 8 sausen und folge dem Pfad über Stufen und Wurzeln im Zickzackkurs stetig bergauf. Es ist steil, aber schön, anstrengend, aber effektiv, und so stehe ich schon kurz darauf und etliche Höhenmeter weiter oben vor einer Bank, die durch eine Lücke zwischen den Bäumen einen malerischen Blick über Pronsfeld bietet (und einen Geocache – siehe unten). Ich ruhe mich aus und veranstalte ein kleines Picknick mit Keksen und Saft, bei dem ich schon mal ausgiebig fotografiere. Definitiv eine „Normalbank“, aber schön. Ich atme zufrieden durch. Immerhin bin ich bereits fast oben, und eine schöne Aussicht hatte ich auch schon.

Ein kleines Stückchen geht es noch bergauf, dann stoße ich wieder auf den Wanderweg 8, den ich ursprünglich erwählte. In welche Richtung ich nun gehen muss, ist einfach. Die Bank steht irgendwo ganz oben. Also bloß nicht bergab, sondern immer dahin, wo es noch etwas höher hinaus geht. Von Zeit zu Zeit geben Informationstafeln Auskunft zur Natur am Wegrand. Unterwegs begegnen mir Sonnenstrahlen im Laubwald und golden leuchtender Ginster. Auf der anderen Seite der Bergkuppe muss ich notgedrungen ein paar Höhenmeter wieder abgeben, doch dann führt der Wanderweg 22 rechts auf der Höhe entlang. Irgendwo hier muss sie sein. Und ich laufe, laufe, laufe… Schaue, schaue, schaue…

Mittlerweile ist die Position der Bank auch im Internet zu finden. Auch wer Wanderweg 22 (orangefarbenen Route auf der „alten“ Pronsfelder Wanderkarte) oder dem neu benannten „Alfbachhöhenweg“ folgt, kommt auf jeden Fall an ihr vorbei. Zu diesem Zeitpunkt im Mai jedoch ist ihre Lage für mich noch ziemlich unklar. Ich spähe rechts und links, immer auf der Suche nach einer großen Bank, die eigentlich nicht zu übersehen sein sollte, genieße die spannende Natur, die der Höhberg mir bietet, mit Ausblicken nach links ins Bierbachtal und nach rechts ins Alfbachtal und auf Pronsfeld in meinem Rücken. Deutlich später als gedacht erspähe ich hinter einer Wegbiegung mit bewaldeter Böschung endlich das ersehnte Objekt: die funkelnagelneue Riesenbank mit einem dekorativen Fahrrad (nur schauen, nicht benutzen) davor – noch abgesperrt, aber schon begehbar. Oder sollte ich „bekletterbar“ sagen? Eine Leiter führt hinauf, und ich nehme Platz und spähe nach Norden ins Alfbachtal hinunter und auf Pronsfeld, das sich im Osten die Hänge hinaufzieht.

Ich turne wieder hinunter. Zeit für den Beweis, dass ich auch hier war! Auf einem Zaunpfahl gegenüber stelle ich meine Kamera ab und habe ziemliche Probleme, sie geradezurichten, ohne dass sie hinunterpurzelt. Ich versuche es mit verschiedenen Gegenständen: Holzspänen, Taschentüchern… Schließlich ist es das Umhängeband der Kamera, das unter die linke Seite der Kamera gelegt dieser zum richtigen (geraden) Winkel verhilft. Die Fotos, die ich mit Fernauslöser mache, sind zu hell, aber schön, und zeigen mich in etlichen Positionen auf der Bank, immer mit meinem Handy (verschämt versteckt) als Auslöser. Ein Hoch auf die moderne Kameratechnik! Beine baumeln lassen ist auf dieser Bank Programm. Die Sitzfläche befindet sich oberhalb meiner Augenhöhe, die Oberkante der Lehne befindet sich auf 3,20 Metern Höhe. Ganz schön weit oben! Als ich direkt davor stehe, bekomme ich beinahe Genickstarre. Ich muss an die literarische Figur Gulliver denken, der sich im Land der Riesen zurechtfinden muss.

Ich klettere wieder auf die Bank und bin glücklich, denn ich bin in der Eifel, und meine Seele baumelt mit den Beinen um die Wette. Anschließend trage ich mich noch als eine der Ersten in das funkelnagelneue „Gipfelbuch“ ein, und freue mich daran, dass die Menschen in der Eifel sich so schöne Dinge ausdenken, um den Wegrand unserer Wanderungen mit spannenden Erlebnissen zu würzen.

Zurück wähle ich fast den gleichen Weg, nur dass ich dem Wanderweg 8 bis hinunter zur Landstraße und zum Alfbach folge. Ein Stück weiter westlich hätte ich auf die Landstraße stoßen können, das wäre kürzer und weniger anstrengend gewesen, aber womöglich langweilig und durch die Autos vielleicht ungemütlich. Unterwegs begegne ich neugierigen Kühen und sonst wieder einmal niemandem, bis ich im Tal bin. Ach wie schön, die ganze Eifel für mich allein zu haben, mit lieben Freunden, die am Abend auf „meinem“ Ferienhof schon auf mich warten.

So darf es weitergehen!

Weitere Infos: www.ferienregion-pruem.de, www.pronsfeld-eifel.de

Geocache: https://www.geocaching.com/geocache/GC62NTP_panorama-ii

Literaturempfehlungen:
Wanderkarte 17 des Eifelvereins – „Prümer Land“, Maßstab 1:25.000, ISBN 978-3944620008,
ausliegende Wanderkarten in den Infokästen an den Pronsfelder Parkplätzen

Rechts oder links? Wanderweg 8 führt rechts ins Alfbachtal und links an der Prüm entlang. Dazwischen direkt vor mir liegt das Ziel meiner Wanderung, der Höhberg.
Aufstieg zum ersten Aussichtpunkt (Blick zurück nach unten, wo hinter den Bäumen nicht mehr sichtbar der Alfbach in die Prüm mündet)
„Normalbank“ mit Aussicht
Ausblick auf Pronsfeld (mit Picknick und Geocache)
Eifelgrün
Eifelgold
Wanderweg 8 oben auf dem Höhberg
Wanderweg 22 oben auf dem Höhberg
Hinter der Kurve liegt die Riesenbank
Ganz frisch und neu – im Mai war das „Drumherum“ noch abgesperrt.
Die Bank im Profil (das Bild ist gerade!)
Blick von der Riesenbank ins Alfbachtal
Fotosession mit Selbstauslöser und Fernbedienung (nein, wir waren nicht zu dritt!)
Blick von der Riesenbank auf Pronsfeld
Das Gipfelbuch!
Wanderweg 22
Wanderweg 22
Wer Aufmerksamkeit wünscht, sollte an Kühen vorbei spazieren…
Noch mehr Eifelgold

Im Tal der Dämmerung – meine persönliche „Grüne Hölle“ in Bollendorf

Die Vorzeichen sind suboptimal: Ein langer Abend, geprägt von einer nicht unerheblichen Menge Alkohol, kein Kaffee am Morgen und wunde Füße vom Vortag (Panoramaweg Schönecken in Winterstiefeln bei steigenden Temperaturen). Aber ich bin schon auf halbem Wege, die Neugier ist groß und die grüne Hölle von Bollendorf ist ein absolutes Muss in meinem straffen Tourenprogramm für diese Woche. Ich bin hier, um zu erkunden, da gibt es kein Pardon.

Nachdem ich aus dem Prümer Land eine knappe Stunde angereist bin, haben es bereits die ersten 450 Meter Wegstrecke meiner Wanderung in sich. Auf diesem kurzen Stück erarbeite ich mir bereits 70 Höhenmeter bergauf, allerdings auf gut ausgebauten Wegen. (Das sind durchschnittlich 15% Steigung! Dieser Wert ist übrigens nebenbei bemerkt das höchste, was man auf einem Laufband einstellen könnte. Und ich bin definitiv nicht im besten Grundzustand dafür.) Erst dann beginnt der eigentliche Wanderweg, und als ich ihn erblicke, bin ich dankbar über mein gutes Schuhwerk (heute habe ich von vornherein besser gewählt als gestern – Versuch macht klug!): auf diesem Steig sind Wanderschuhe mit guter Sohle absolut empfehlenswert! Es sei denn, man ist eine Bergziege oder die einzige Person, die mir auf dem Weg begegnet. Aber dazu später.

Der Rundweg „Grüne Hölle“ ist gut ausgeschildert und führt über verschiedene Stationen einer Audiotour auf 6 Kilometern Länge an zehn interessanten Punkten vorbei. Trittsicherheit ist erforderlich, und auch die Höhenmeter (etwa 140 hinauf und hinunter allein auf meinem Teilstück von etwa 4 Kilometern Länge) sind nicht zu unterschätzen.

Die Schönheit dieser Felsenlandschaft zieht mich sofort in ihren Bann. Nicht umsonst nennt man dieses Gebiet die „Bollendorfer Schweiz“. Schnell spüre ich die geologische Verwandtschaft zur Teufelsschlucht. Doch im Gegensatz dazu ist dieser Pfad menschenleer, und der Anspruch an Kondition und Trittsicherheit ist definitiv noch höher. Wer die Kühle von Wald und Felsen liebt, abenteuerliche Herausforderungen, bizarre Felsformationen und verschlungene Wege, der ist hier genau richtig. Schnell verstehe ich auch, warum es „grüne Hölle heißt: der Wald ist grün, und die Felsen sind es auch. Tiefste Ruhe umgibt mich, und die Atmosphäre wechselt laufend von entspannend-freundlich grün bis hin zu einem bedrohlich-glitschigen Dunkelgrün, gepaart mit Felsen in hell-leuchtenden Brauntönen oder auch tiefem Dunkelgrau. Der Sandstein wird immer wieder von Farnen und Moosen überwachsen, und nach einigem Auf und Ab erreiche ich den Eingang zu dem Felsmassiv, das dem Rundweg seinen Namen gab. Um sicher zu gehen, wurde der Fels beschriftet: „Grüne Hölle“! Steinstufen führen tief hinab in einen schmalen Spalt mit hohen Wänden, der vor einem scheinbar undurchdringlichen hohen Felsen endet. Unwillkürlich denke ich an Jim Knopf und Lukas, den Lokomotivführer. Genau so sah das Tal der Dämmerung aus! „Kann Emma nicht schneller…?“ Ob es hier auch so ein Echo gibt??? Ich probiere es, und Gott sei Dank donnern keine Felsen auf mich herab. Dafür packe ich (wie es im unten genannten Buch empfohlen wird) meine Taschenlampe aus und richte sie auf die feuchten Felswände: Sie leuchten tatsächlich grün! Dieses Leuchtmoos (Schistostega pennata) ist äußerst selten, und ich freue mich, dass es sich mir gezeigt hat. Auf der rechten Seite des riesigen Felsens, der mir den Weg zu versperren scheint, öffnet sich ein niedriger Durchschlupf, und ich nehme meinen Rucksack ab und ducke mich hindurch. „Draußen“ empfangen mich Licht, Wald, riesige helle Sandsteinfelsen, Vogelgezwitscher und eine Bank. Erleichtert nehme ich Platz, um mich von der fordernden Wegstrecke zu erholen, und genieße eine kleine Pause. Und nun kommt es zu einer äußerst bizarren Begegnung: Durch das Loch „schlüpft“ eine Joggerin. Eine Joggerin!!! Ich bin froh, dass ich diesen Untergrund irgendwie wandernd bewältige, und diese Frau hüpft einfach darüber hinweg… Auch sie hat nicht wirklich mit einem menschlichen Wesen gerechnet und fährt erschrocken zusammen, als sie mich sieht. Wir starren uns an – beide fassungslos! Dann springt sie leichtfüßig an mir vorbei und entschwindet hinter dem nächsten Felsen wie eine Fata Morgana.

Die nächsten Meter verlaufen etwas ruhiger auf und ab, dann öffnet sich vor mir mit dem „Eulenhorst“ das nächste Felsmassiv. Die Bezeichnung „labyrinthartig“, die sich in manchen Wanderbeschreibungen findet, kann ich nur unterschreiben: Es gibt zwei Möglichkeiten, diese Felsenlandschaft zu durchqueren, und nach längerer Betrachtung beider Passagen entscheide ich mich für den scheinbar einfacheren linken Weg. Das Auf und Ab und die schmalen Durchgänge zwischen den hohen Felsen nehmen kein Ende, und am Ausgang starre ich skeptisch auf die steile, von rutschigem altem Laub bedeckte Felstreppe zwischen schroffen Felswänden mit etlichen Vorsprüngen. Kurz hadere ich mit mir: Probiere ich es und rutsche gegebenenfalls ab und demoliere mir bestenfalls nur den Allerwertesten? Oder setze ich mich gleich hin? Ich trage Jeans, es ist trocken und sowieso kein Mensch in der Nähe. Die Joggerin ist längst über alle Berge, möglicherweise sogar bereits wieder zuhause. Seufzend setze ich mich auf meinen Po und bewältige den steilen Ausstieg aus dem Felsmassiv auf höchst unelegante, aber sichere Weise.

Die auf meiner Wanderkarte ebenfalls verzeichnete Heidenlay bietet weniger Herausforderungen als ihre Vorgänger, und plötzlich bin ich am Ziel meiner Sehnsüchte: Die „Kreuzlay“ als oberer Endpunkt dieses Rundweg-Teilstücks, das sich permanent an der Bruchkante des Ferschweiler-Bollendorfer Plateaus entlang bewegte. Hier gibt es tatsächlich ein Gipfelkreuz! Es trägt die Aufschrift: „Viele Wege führen zu Gott – einer führt über die Berge!“ Ich nicke zustimmend und grinse unwillkürlich. Das beschreibt meinen Zustand ziemlich gut. Ich verweile eine Weile auf einer Bank und genieße die Aussicht. Genug geklettert! Die Wanderkarte verrät mir, dass das nächste Teilstück des Rundwegs über einen entspannten Waldweg führt. Gott sei Dank!

Nach diesem flott bewältigten Wegstück wartet noch der Maria-Theresien-Stein auf mich. Es handelt sich um einen Grenzstein zwischen Echternach und Vianden, den die österreichische Kaiserin 1771 in ihrer Eigenschaft als Herzogin von Luxemburg errichten ließ. Von hier führt eine Abkürzung zurück zu meinem Ausgangspunkt. Ich liebe malerische Felsformationen! Aber für heute ist mein Soll erfüllt. Ich werde wiederkommen und mir den eindrucksvollen Predigtstuhl, die geheimnisvolle Muhmenlay und die phantastische Aussicht an der Lingelslay entspannt und mit Freude und unter besseren körperlichen Voraussetzungen als heute anschauen. Dann sicherlich auch mit dem Audioguide, denn die Geschichte der Muhmenlay scheint recht spannend zu sein.

Ab hier geht es nur noch entspannt abwärts. Im Nu befinde ich mich wieder an der Schutzhütte, bei der der Felsenpfad zur „Grünen Hölle“ beginnt. Fast schon im Trab laufe ich zurück zum Parkplatz am Waldhotel. Ich genieße die sonnigen Aussichten auf Bollendorf und das malerische Tal der Sauer und begebe mich zurück zu meinem Feriendomizil ins Prümer Land.

Die grüne Hölle ist geschafft! Es war ein unglaubliches Erlebnis, das ich so schnell nicht vergessen werde. Und das ich mit dem zweiten Streckenteil definitiv fortsetzen werde. Ich muss lächeln, als ich an die Joggerin denke. Auch der Moment, in dem ich auf dem Po aus dem Eulenhorst gerutscht bin, gibt eine gute Geschichte ab. Und das Bild vom „Tal der Dämmerung“ werde ich all jenen zeigen, die wie ich die Augsburger Puppenkiste mögen. Etwas habe ich dort oben ganz bestimmt bewältigt: meine ganz persönliche wild-abenteuerliche und zugleich wunderschöne grüne Hölle.

 

Fazit:
„Geheimtipp“ als fast menschenleere Alternative zur Teufelsschlucht, schöner Abenteuerpfad auch für wanderfeste Kinder, festes Schuhwerk erforderlich, hoher Abenteuerfaktor, nichts für Klaustrophobiker, tolle Aussicht und faszinierende Felslandschaften; spendet Kühle bei Hitze, bei feuchtem Wetter nur bedingt geeignet; der Audioguide wurde liebevoll von den „Leuten aus dem Dorf“ gestaltet

Parkmöglichkeit und Audioguide-Verleih:
Waldhotel Sonnenberg, Sonnenbergallee 1, Bollendorf

Weitere Informationen und Eindrücke:
https://www.eifel.info/a-gruene-hoelle,
https://www.naturpark-suedeifel.de/a-gruene-hoelle,
https://www.felsenland-suedeifel.de/a-audiotour-gruene-hoelle,
https://www.traumsteige.com/bollendorfer-schweiz-durch-die-grune-holle/,
www.bollendorf.de
https://www.naturpark-suedeifel.de/naturschatz/landschaftsraeume/das-ferschweiler-bollendorfer-plateau
https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=3616
https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=3617
https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=3615
https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=3614
https://www.youtube.com/watch?v=06scoGUGwR8
https://www.youtube.com/watch?v=WhUJmQoDuc8

Buchempfehlungen:
Loni Liebermann: 52 kleine und große Eskapaden in der Eifel, DuMont Reiseverlag 2018, ISBN 978-3-7701-8070-7
Topographische Karte 1:25000 „Naturpark Südeifel“, Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz, ISBN 978-3896372758

Bergauf auf dem Weg zum Rundwanderweg
Der Affenkopf markiert den Beginn des Rundwanderwegs

Die „Grüne Hölle“ erinnert mich an das „Tal der Dämmerung“ aus „Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer“
Es lohnt sich, mit der Taschenlampe die Felsen genauer zu betrachten
Blick zurück auf den Eingang der „Grünen Hölle“
Ausgang aus der „Grünen Hölle“ und die Lücke, aus der die Joggerin „schlüpfte“

Vor mir erscheint der Eulenhorst
Blick zurück auf den Weg, den ich gekommen bin

Im Eulen-Horst befindet sich ein labyrinthartiges System von Spalten und Wegen
Inmitten des Eulen-Horsts: „Trittsicherheit erforderlich“ trifft es ziemlich gut. Hier fallen mir automatisch Sinnsprüche zu Wegen und Hindernissen ein – zum Beispiel: „Die Schwierigkeiten, auf die wir stoßen, wenn wir ein Ziel zu erlangen trachten, sind der kürzeste Weg zu ihm“ (Khalil Gibran)
Ende einer Rutschpartie
Ausgangs des Eulen-Horsts

Aussicht von der Kreuzlay
Aufgang zum Aussichtspunkt Kreuzlay
Der Maria-Theresien-Stein. errichtet 1771

Nur Fliegen ist schöner – Aussichten rund um Schönecken

Eifelpanorama mit Blick auf Schönecken

Endlich ist sie wieder unverhüllt, die schöne Burg, die über dem Ort Schönecken thront, der sich selbst liebevoll als „Burgflecken“ bezeichnet und aus den Ortsteilen Schönecken und Wetteldorf besteht. Zwei Jahre lang musste ich an den für seine Verhüllungsobjekte bekannten Künstler Christo denken, wann immer mein Blick zum Wahrzeichen hinauf wanderte. Nun endlich strahlt sie im Sonnenlicht, die Steine hell und sauber, die Kanten rötlich abgesetzt. Oben ist im Innenbereich noch nicht alles zugänglich, und ein zweiter Bauabschnitt wird folgen, doch für mich ist es Zeit für ein buchstäbliches Rundum-Erlebnis.

Von der unglaublichen Natur und der spannenden Geschichte der Schönecker Schweiz hatte ich bereits in Blogbeiträgen erzählt, ebenso von der traditionellen Eierlage zum Osterfest. Ich nutze die „Enthüllung“ als Gelegenheit für einen Rundumschlag, um gleich in mehrerer Hinsicht meine Neugier auf Schönecken zu befriedigen: mich mit der Geschichte der Burg zu befassen, Aussichten zu genießen und den Wetteldorfer Richtschnitt kennenzulernen, der dafür sorgt, dass für Geologen der kleine Ort den Nabel Europas bildet. Dafür werde ich, abgesehen von einem alternativen Aufstieg, den Panoramaweg Schönecken begehen. Als ersten Ausblick jedoch möchte ich die Stelle finden, von der die Böllerschüsse bei der Eierlage abgegeben werden und von der man sich ausrechnen kann, dass sie eine hervorragende Sicht auf die Burg bieten müsste. Jedes Mal, wenn ich den Felsvorsprung mit Mauer, Geländer und Fahne sehe, kitzelt mich die Neugier, den Aufstieg zu suchen und zu finden. Daher steht das heute Morgen als erstes auf dem Plan, solange die Beine noch frisch sind.

Später bei der Suche im Internet werde ich herausfinden, dass der Ort südlich des Flüsschens Nims, zu dem ich nun aufstrebe, Marxberg heißt und etwa 30 bis 40 Meter über dem Tal thront. Gleich gegenüber auf der Nordseite der Nims erhebt sich Burg Schönecken, gut 70 Meter über der Talsohle. Ich habe Glück bei meiner Suche nach dem Aufstieg zum Aussichtspunkt. Mein Orientierungssinn lässt mich nicht im Stich. Zum Parken bietet sich das Gemeindezentrum FiF an, und von dort folge ich der Nims ein paar Meter nördlich und nutze dann die Brücke linkerhand. Nach ein paar Metern kann ich den Pfad schon sehen, der mit ein paar Stufen beginnt und sich dann am Berg entlang zunächst über eine Wiese und später durch Büsche schmal am Hang entlang bewegt. Etliche Höhenmeter und ein paar Kehren später stehe ich auf dem Rondell. Neben der freien Sicht auf die Burg – fast auf Augenhöhe – bietet die Plattform einen phantastischen Blick über Schönecken und auf die umliegenden Höhenzüge. Ich muss mich erst einmal setzen und alles auf mich wirken lassen. So viele große und kleine Dinge fallen mir ins Auge: die Burgruine, eine Kapelle, die malerischen Häuser, die sanften Hügel mit Wäldern und Feldern, Straßen, die sich wie Bänder durch die Landschaft schlängeln und schließlich weit unter mir mein eigenes Auto auf dem Parkplatz des FiF. Meine Speicherkarte ächzt unter der Last all der Fotos, die ich in alle Himmelsrichtungen schieße. Später werde ich feststellen, dass ich vor lauter Begeisterung sämtliche Blickwinkel und Sehenswürdigkeiten doppelt und dreifach festgehalten habe. Schönheit liegt im Auge des Betrachters – hier gibt es für jeden Geschmack reichlich davon. Dabei schaue ich besonders intensiv nach Süden, denn dort, wo in einiger Entfernung ein Kirchturm emporragt, werde ich mich nachher auf den Weg machen – auf den „Panoramaweg“.

Zuvor noch ein kleiner Abstecher in den nahegelegenen Park, der sich 300 Meter nordwestlich der Treppe zur Wilhelmshöhe an der Nims entlang nach Norden zieht. Auch hier nehme ich mir Zeit und atme tief durch. Idyllisch plätschert das Wasser des Flüsschens und glitzert im Sonnenschein. Vögel singen. Harmonisch angelegte Wege und Sitzgelegenheiten zwischen Wiesen und Baumgruppen bieten Ruhe für Körper und Seele. Immer wieder bieten sich Blicke steil hinauf auf die Burg. Ein paar Schritte entfernt runden ein bunt und phantasievoll gestalteter Kinderspielplatz und eine Hundewiese das Bild ab.

Ich kehre dem Tal den Rücken und wandere Richtung Wetteldorf. Vor der Kirche biege ich links ab (Alte Bitburger Straße). Für den Panoramaweg müsste ich der ersten Straße rechts Richtung Jugendlager/Feriendorf folgen, doch ich möchte erst einmal meine geologische Neugier befriedigen und den sagenhaften Richtschnitt betrachten. Daher wähle ich die 2. Straße rechts (Danielsberg) und folge den Schildern zum Richtschnitt. Bald geht die Straße in einen Weg über (hier oben gibt es tatsächlich noch einen richtig schönen weitläufigen Spielplatz!), und ich steige höher und höher und schaue, sobald ich mich umschaue, auf mit Kalkmagerrasen bewachsene Hügel. Ich liebe diesen Anblick! Schon bald erreiche ich eine Bank und nutze sie für eine kurze Rast, bevor ich dem Schild folge, das mir klarmacht, dass ich meinen Weg verlassen und dem Abzweig links hoch folgen muss, um zum Richtschnitt zu gelangen. Zu meiner Verblüffung geht es wenige Meter weiter erneut links ab und einen kaum erkennbaren Pfad hoch, der mich am Hügel entlang deutlich bergauf zu einer abgesperrten zugewachsenen Hütte führt. Hier ist er, der sagenumwobene Wetteldorfer Richtschnitt, und ich spähe durchs Fenster und sehe Erde und Gestein. Eine Taschenlampe kann hier nicht schaden, um etwas mehr zu erkennen. Geocachern sei der Earthcache an diesem Ort empfohlen.

Um zu wissen, was geologisch hier los ist, muss man etwas genauer nachlesen. Ein Schild am Weg gibt Auskunft. Die Heisdorf-Schichten zeigen die Ablagerungen eines flachen Meeres. Hier finden sich Fossilien von Brachiopoden, Trilobiten, Muscheln und Schnecken in wechselnden Lagen verschiedener Gesteine. Geologen helfen die Funde, eine internationale Referenz (GSSP) für die geologische „Zeitgrenze“ zwischen Unter- und Mitteldevon festzulegen. Dank der Schönecker Fundstelle konnte sie auf einen Zeitpunkt vor 393,3 Millionen Jahren festgelegt werden. Es handelt sich um den einzigen verbindlich festgelegten und allgemein anerkannten Richtschnitt in Deutschland. Noch heute gehen auf diesen unscheinbaren Ort und seine Funde wichtige geologische Publikationen und Erkenntnisse von internationaler Bedeutung zurück.

Meine unwissenden Augen haben genug gesehen. Ich kehre zurück auf den Weg und schlage mich über den gut ausgebauten Wanderweg Richtung Westen durch, wo ich bald auf den Panoramaweg stoßen werde. Ich picknicke auf einer Bank am Waldrand, als plötzlich ein Reh vor mir auftaucht und mich verblüfft anschaut. Es ist ganz ruhig und etwas fassungslos, scheint sich lange Gedanken über meine Anwesenheit zu machen (ich greife gar nicht erst zu meiner Kamera, da die Einstellungen gerade völlig unpassend für die Lichtverhältnisse sind und ich lieber zurückstarre). Nach einer Weile wendet sich das Tier in Ruhe von mir ab und durchbricht schließlich links von mir den Waldrand. Anscheinend sitzt hier nicht so oft jemand. Auf dem ganzen Weg treffe ich nur einen einzigen Menschen (nebst Hund). Mehr Ruhe fernab des Alltagsstresses ist gar nicht mehr möglich. Es gibt nur die grandiose Eifellandschaft, ihre tierischen Bewohner, die Steigung, 1000 Kleinigkeiten am Wegrand, meine Kamera, meine Füße und mich.

Ab dem Feriendorf geht es auf dem Panoramaweg stetig über eine Asphaltstraße bergauf. Der Blick auf Schönecken ist grandios und wird von Minute zu Minute noch besser. Auch das Angebot an Ruhebänken ist auf diesem Weg üppig. Nur der Aufstieg will und will kein Ende nehmen. Als ich endlich in der Schutzhütte auf der Höhe angekommen bin, lese ich in meinem Faltblatt zum Panoramaweg, dass ich 160 Höhenmeter geschafft habe. Nun denn, es waren ja auch nicht meine ersten Höhenmeter an diesem Tag. Links ab geht es weiter auf dem Hügelkamm entlang vorbei an einem Gehöft namens Irsfelderhof. Dieses Stück Weg kann man übrigens von der Burg Schönecken aus perfekt erkennen, wenn man weiß, wo es ist. Aus 560 Metern Höhe gesehen liegt selbst die Burg tief unten im Tal. Darunter erstreckt sich der Burgflecken, und die Fernsicht weit über die Hügel des Prümer Lands hinweg ist atemberaubend.

Der Abstieg führt über einen Wirtschaftsweg zunächst durch ein Waldstück. Auch hier bin ich ganz für mich. Am Ende des Waldes bietet sich erneut eine malerische Aussicht auf die Ortschaften Schönecken und Wetteldorf. Meine Füße sind müde und mein Herz (und meine Kamera) voll von eindrucksvollen Bildern. Ich beschließe, die Burg bei frischer Kraft mit voller Energie an einem anderen Tag zu genießen.

Auf einer Sonnenbank sitzend betrachte ich den Burgflecken ein letztes Mal malerisch im Tal liegend, bevor er beim Abstieg in die Tiefen des Alltags wieder auf Augenhöhe zurückkehrt.

Ich komme wieder!

 

Weitere Informationen:
www.schoenecken.de, www.schoenecken.com
www.ferienregion-pruem.de
https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=19017
https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=5583
https://www.volksfreund.de/region/bitburg-pruem/ein-weltberuehmtes-stueck-eifel-warum-fast-jeder-geologe-wetteldorf-kennt_aid-5994613

Geocache (Earthcache) am Wetteldorfer Richtschnitt: https://www.geocaching.com/geocache/GC2ZT2M_wetteldorfer-richtschnitt?guid=2401f3b7-c010-480d-beaa-4ec1f3d942a5

Ruhebank an der Nims am FiF (Forum im Flecken) mit Blick auf die Burg und die Wilhelmshöhe (oben links)
Aufstieg auf den Marxberg
Auf dem Weg zum Aussichtspunkt auf dem Marxberg
Noch nicht ganz oben; ein erster Blick auf Schönecken
Rondell auf dem Marxberg
Blick Richtung Wetteldorf und Panoramaweg: Oben über den Kamm zwischen beiden Wäldern werde ich später laufen
Burg Schönecken vom Marxberg aus
Blick auf Wetteldorf und den Aufstieg des Panoramawegs (Der Weg führt quer hoch von unten links nach rechts und weiter hoch nach oben links. Oben links neben dem Wäldchen befindet sich die Schutzhütte, an der der Weg links abbiegt.)
Burg Schönecken
Im Park
Blick vom FiF auf den Marxberg

Kurz vor dem Ziel: Die Ludwig-Happel-Hütte, die über einem Teil des Wetteldorfer Richtschnitts errichtet wurde, ist recht zugewachsen.
Blick durch das Fenster der Ludwig-Happel-Hütte auf einen Teil des Wetteldorfer Richtschnitts
Tierische Begegnung – Teil 1

Noch auf Augenhöhe mit der Burg (auf dem Panoramaweg in der Nähe des Feriendorfs). Hier wird deutlich, wie sich die Häuser von Schönecken an den Wegen entlang nach oben „bewegen“.
Schönes am Wegrand
Tierische Begegnung – Teil 2
Endloser Aufstieg mit grandiosen Aussichten
Blick nach Süden „auf die andere Seite“ der Anhöhe von der Wegkreuzung „ganz oben“ an der Schutzhütte
Endlich oben! Blick aus der Schutzhütte nach Westen
Blick auf Schönecken vom Panoramaweg – etwa auf Höhe Irsfelderhof

Ein Wasserfall im Wachstum – die Nohner Wasserfälle (Wasserfall Dreimühlen)

Ein Wasserfall im Wachstum – die Nohner Wasserfälle (Wasserfall Dreimühlen)
Irgendwo im Nirgendwo wartet eines meiner Lieblingsmotive: Wasserfälle sind immer toll, und Wasser begleitet mich in der Eifel fast immer. Nach einer langen Phase der Neugier (Notiz aus der Zeit vor meinem Navi: auf der Karte herauszufinden, wo ich eigentlich hin muss, ist gar nicht so leicht…) finde ich im Mai 2017 erstmals mit ortskundiger Hilfe in Begleitung einer Eifeler Freundin diesen märchenhaften Ort: den Wasserfall Dreimühlen, auch unter dem Namen Nohner Wasserfälle bekannt. Und kehre immer wieder zurück, denn Wetter und Jahreszeiten verleihen dem Naturdenkmal ein täglich neues Gesicht: in romantischem Tiefgrün im späten Frühjahr, bunten Herbstfarben im Indian Summer und verziert mit bizarren Eiszapfen im Winter.
An einem zauberhaften Novembermorgen 2019, der mich mit Nebel im Tal und Sonne auf den Höhenrücken der Eifel begrüßt, führt mich mein Weg – unmittelbar vor der Abreise – wieder dorthin. Im Gepäck viele schöne Moment und Geschehnisse und Erinnerungen an die letzten Tage und noch mehr wichtige Wünsche für die Zukunft. In der Kapelle an der Nohner Mühle – so viel ist klar – will ich auf dem Rückweg sechs Kerzen anzünden, jede einzelne für eine ganz bestimmte Person oder einen ganz besonderen Gedanken. Bereits dreimal an diesem Tag haben mich die Eifeler Menschen mit ihrer Aufmerksamkeit und Hilfsbereitschaft positiv – nun, überrascht kann man nicht sagen, das ist es ja, was ich an diesen Menschen so mag – sagen wir: überzeugt.
Gleich hinter dem Kalkofen an der Landstraße biege ich links ab auf den Wanderparkplatz „Nohner Mühle“ und mache mich von hier aus auf den Weg. Zunächst betrachte ich die Kapelle nur freundlich im Vorübergehen und lasse auch die Nohner Mühle links liegen, die ohnehin (wen wundert es so spät im Jahr mitten in der Woche und mitten am Tag) nicht geöffnet ist. Wenig später muss ich mich entscheiden, ob ich unten am Bach entlang gehe oder weiter oben (links) den asphaltierten Weg wähle. Ich schlage zunächst den Pfad unten ein, mir kommen auch Menschen entgegen, aber er ist mir zu nass, rutschig und steinig, was sich mit meiner Erinnerung an das letzte Mal deckt. Es wäre sicher zu schaffen, aber das mit dem Abrutschen und Hose zerreißen verschiebe ich auf eine andere Gelegenheit. So laufe ich ein paar Meter zurück und schlage durch die Unterführung den „harmlosen Weg“ (Kalkeifel-Radweg) zu den Fällen ein und nähere mich den Wasserfällen. Mein Weg kreuzt den eines Ehepaares, das zum ersten Mal hier ist und keine Ahnung hat, ob es auf dem richtigen Weg ist (ja! Es ist nicht mehr weit! Etwa 500 Meter.) – gemeinsam setzt man den Weg fort.
Der Anblick der Wasserfälle ist immer schön! Kaum in Sichtweite, beginnen meine beiden Begleiter, sich gegenseitig mit den Fällen im Hintergrund abzulichten. Ich nehme die Sache in die Hand, nehme ihr Handy und fotografiere beide gemeinsam vor diesem schönen Hintergrund, und im Gegenzug bieten beide mir das Gleiche an, was ich gerne annehme. Bis heute ist dieses Foto von mir vor den Nohner Wasserfällen mein Profilbild bei Instagram.
Vor den Fällen geht ein Stieg mit Geländer hinab ins Tal, und dort erfahre ich auch auf einer Infotafel, wie dieses Naturwunder entstanden ist: nämlich erst Anfang des 20. Jahrhunderts, als wegen Bauarbeiten an der Bahnstrecke nach Jünkerath ein gemeinsamer Lauf für drei Karstquellen des Mühlenbachs geschaffen wurde. Seitdem fällt das Calcium- und CO2-haltige Wasser an genau dieser Stelle über eine Breite von etwa 12 Metern über die Kante etwa 6 Meter in die Tiefe. Durch eine besonders starke Verdunstung, Laubmoos und Kieselalgen (die eine viel größere Oberfläche bieten als glatter Fels) bilden sich hier Kalksinterverkrustungen, die den Wasserfall jährlich um etwa 8-10 Zentimeter zum Tal hin wachsen lassen. Die drei Bäche hatten bereits zuvor seit der letzten Eiszeit eine 300 Meter lange und 100 Meter breite Sinterbank entstehen lassen. Es handelt sich um das nördlichste Kalksintervorkommen in Europa. Seit 1938 gilt der Wasserfall Dreimühlen (benannt nach der nahegelegenen Burgruine) als Naturdenkmal. Das Wasser enthält 200 mg Calcium je Liter. Ich staune.
Anschließend erkunde ich den Wasserfall an seiner Basis von allen Seiten. Der Weg führt teilweise fast darunter hindurch, und von jeder Seite bietet er neue und spannende Perspektiven. Das Wasser gleitet wie ein Vorhang an Höhlen vorbei, springt und tropft über moosige Absätze im Gestein, platscht auf Felsen und in seinen eigenen Abfluss zum Ahbach, den ich über die malerische Brücke überquere, um den Wasserfall aus der Ferne mit seiner umgebenden Landschaft zu betrachten und natürlich zu fotografieren. Auf einer Bank genau gegenüber gönne ich mir eine Rast, bevor es auf den Rückweg geht. Wieder vorbei am Wasserfall, wieder eine endlose Kette von (noch besseren) Fotos…
Es dauert eine Weile, bevor ich mich von all dem abwenden kann. Auf dem Weg zum Auto kehre ich in die winzige Kapelle ein. Sechs Kerzen sind schnell gegriffen, bezahlt und auf dem Altar arrangiert. Ich sehe mich im ganzen (überschaubaren, aber sehr hübschen) Raum um. Keine brennende Kerze, kein Feuerzeug, keine Streichhölzer. Seufzend hoffe ich, dass sich jemand, der besser ausgerüstet ist als ich, meiner Kerzen und damit auch der Wünsche, die ich hineingelegt habe, annehmen wird, und ziehe weiter. Nach fünfzig Metern stoppe ich. Ich habe nicht gebetet! Das gehört aber unbedingt dazu. Ich drehe um und betrete die Kapelle erneut. Und bevor ich überhaupt anfangen kann zu beten, öffnet sich die Tür, und eine Wanderin mit voluminösem Rucksack kommt herein (es wird eng!), die – welch wunderbare Fügung – ein Feuerzeug bei sich hat. So bedanke ich mich überschwänglich und bringe meine Wünsche auf den Weg.
Nun kann ich beruhigt fahren! Und habe so viel Gutes erfahren an diesem schönen Herbsttag!

Weitere Informationen: https://www.gerolsteiner-land.de/a-wachsender-wasserfall-dreimuehlen, https://www.nohn-eifel.de/tourismus/wasserfall, https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-255237, https://www.eifel.info/a-wachsender-wasserfall-dreimuehlen, https://www.eifelsteig.de/a-wachsender-wasserfall-dreimuehlen, https://www.eifelverein.de/index.php/hauptwanderwege
(Rad-)Wandern: Fernwanderweg Eifelsteig, Kalkeifel-Radweg, Rundweg
Parken: Wanderparkplatz Nohner Mühle, GPS 50°19’18.0″N 6°46’45.1″E (Abzweig von der L68) – ab hier 1 km Fußweg zum Wasserfall
Essen und Trinken: Nohner Mühle, Nohner Mühle 2, 54578 Nohn, www.nohnermuehle.de

Ein Blick von „gegenüber“:
Hier erkennt man die Kalksinterbank, die seit der Eiszeit entstanden ist, in ihrer ganzen Breite

Kalk verdunstet auf der vergrößerten Oberfläche des Mooses.
Diese Verkrustungen lassen den Wasserfall wachsen

Zulauf oberhalb des Wasserfalls
Die kleine Kapelle – ein guter Ort für wichtige Wünsche
Der Ahbach im Tal

Auf der Flucht vor dem Coronavirus rund um das Mehlenbachtal

Am 18.03.2020 wird es Zeit, die Eifel zu verlassen und mich an meinem Heimatort in die mehr oder weniger freiwillige Isolation zu begeben. Keine Urlaubsreisen mehr. Jeder kehre in sein Haus oder seine Wohnung zurück – wie in der Bibel: ein jeglicher in seine Stadt… Also Lebewohl Eifel, Lebewohl Freiheit, wer weiß schon, für wie lange und was danach sein wird. Welche Restaurants und Feriendomizile nach der „Reisesperre“ überlebt haben und noch existieren. Und welche geliebten und geschätzten Menschen der Krankheit womöglich zum Opfer fallen.
Nun also, wie ein letzter freier Atemzug, eine Wanderung im Mehlenbachtal. Das Tal macht mich schon lange neugierig, leuchtet es mir doch auf meiner Wanderkarte grün und einladend entgegen. Ich habe mir die Sache auf der Karte genau angeschaut und ein paar Tourenbeschreibungen durchgelesen und mich entschieden, direkt im Tal unterhalb von Niedermehlen zu parken, dort, wo der Wanderweg 8 auf die Landstraße trifft. Auf der Durchfahrt habe ich bereits ausgekundschaftet, dass dort neben der Landstraße ein wenig Freiraum mit zum Parken geeignetem Untergrund vorhanden ist. Spannend klingt auch das Wacholdergebiet, also beschließe ich, beides miteinander zu kombinieren.
So überquere ich zum ersten Mal den Mehlenbach, genieße den Blick auf das Bächlein, das unter Sträuchern geduckt dahinplätschert, und folge zunächst der Landstraße Richtung Westen leicht aufwärts nach Niedermehlen und biege nach 150 Metern links ab in den Wacholderweg. Die Straße ist wie ausgestorben. Klar, wegen Corona sitzt jeder in seinem Haus. Doch hinter der nächsten Kurve begrüßt mich ein Hund äußerst freudig, und seine Besitzerin grüßt entspannt, wünscht mir erst einmal einen schönen Tag (ich mag die Eifelmenschen so gern!) und erkundigt sich dann nach meinem Ziel. „Oh, das Wacholdergebiet, da müssen Sie ja den Weg ganz hoch!“ Ja, das muss ich, und sie beschreibt mir genau, wie mein Weg weiter verlaufen sollte. Ich bedanke mich herzlich für ihre hilfreichen Angaben. Sie bezweifelt, dass der Wanderweg oben schon freigeschnitten ist, und ich sehe das nicht so verkrampft. Zur Not komme ich eben einfach wieder zurück. Außerdem verrät mir meine Wanderkarte, dass es „oben“ Alternativen gibt. Ich hatte mir eigentlich eine tiefer liegende Route ausgesucht. Die Praxis zeigt: Auf dieser Route hätte ich gar keinen Wacholder gesehen. Also hier noch einmal ein ganz herzlicher Dank an die nette Dame mit dem genauso netten Hund. Ich verdanke ihr einen ganz besonderen Moment.
Also einfach immer nach oben. Die kleine gepflasterte Straße lässt das entspannt zu und bietet Aussichten, die alle zwei Meter schon wieder noch spektakulärer erscheinen als einen Moment zuvor. Ein Aufstieg mit Genuss – es müssen etwa 100 Höhenmeter gewesen sein, bei denen jeder Schritt es wert war, gegangen zu werden. „Oben“ ist nicht zu verfehlen. Ich tauche in den Wald ein, sehe rechterhand den ersten Wacholder, als sich zur Linken ein Wald- und Wiesenweg mit einem verwitterten Hinweisschild „Wacholdergebiet“ öffnet, der definitiv noch nicht freigeschnitten wurde. Ich klettere über den Baum, der mir den Weg versperren möchte, und genieße den Wiesenpfad zwischen Waldrand und Weiden, der immer wieder eindrucksvolle Aussichten bietet. Auf der anderen Seite des Tals erhebt sich der Kalvarienberg. Ich kann das Krankenhaus und ein paar Häuser der Ortschaft Tafel erkennen. Mein Weg führt direkt auf eine skurrile Formation aus drei Kiefern zu, doch zuvor lädt mich zur Rechten eine malerische Schutzhütte zum Verweilen ein. Ich setze mich, trinke, esse, schaue auf die Karte und lese dann eine Nachricht. Einer meiner Eifel-Menschen bedankt sich bei mir, weil ich ihm heute Morgen noch etwas Gutes zurückgelassen habe. Ich blicke von meiner Bank aus durch die Fenster und die Tür und genieße die Schönheit der Eifel, die unglaubliche Stille des Landes um mich herum, und der Abschied wird mir noch viel schwerer. Kein Mensch ist in der Nähe – ein guter Ort, um einfach einmal die Seele fließen zu lassen und eine Runde hemmungslos zu weinen. Hört ja keiner. Außer mir ist niemand hier.
Irgendwann ist es wieder gut. Ich trinke etwas Wasser, stärke mich und ziehe weiter. Nach wenigen Schritten erreiche ich die Kiefern, stark und knorrig und ganz einzigartig gewachsen. Wie alt mögen sie sein? Ihr Ausblick über das Tal ist einmalig. Und hier gibt es ihn dann auch in Hülle und Fülle: den Wacholder. Wild und struppig geleitet er meinen Weg, und über ihn hinweg schaue ich hinunter ins Tal und hinüber auf die nächste Hügelkette. Den Germanen war der Wacholder heilig. Irgendwie kann ich das verstehen.
Irgendwann ist es vorbei mit dem Wacholder, und ich treffe auf den breiten, heute etwas schlammigen Wanderweg 17, von dem es heißt, dass er später steil abwärts geht. Mal schauen, wie ich und mein Knie das so verkraften. Vor meinem geistigen Auge bildet sich ein Bild von mir mit schlammverkrusteter Kleidung. Alles dreckig und verschrammt, bloß die Kamera heil und sauber. Auch das gab es schon einmal bei einer Wanderung. An einer Weide öffnet sich ein grandioser Weitblick bis zum Viadukt der Schnellstraße mit viel typischer Eifellandschaft und der eindrucksvollen Architektur der Brücke und der Straße, die sich wie ein Band durch die Natur zieht.
Ein Stück weiter bergab zeigt ein Wegweiser, dass mein Weg (17) sich rechts durch einen Laubwald fortsetzt. Kaum erkennbar schlängelt er sich abwärts zwischen den Bäumen hindurch, und ruckzuck (und ohne nennenswerte Probleme mit dem Gefälle, eher beim Erkennen des Weges) bin ich unten. Das letzte Stück Böschung renne ich, damit ich nicht rutsche (später erkenne ich, dass ich eine Serpentine verpasst habe – so viel zum Thema Geländetauglichkeit).
Und dann bin ich fast im Tal und werde von nun an begleitet von dem freundlichen Plätschern verschiedenster Wasserläufe, die den Weg kreuzen oder parallel dazu verlaufen, und von sprießendem Grün. Ich folge dem Weg nach rechts auf der Suche nach einem Übergang und mit dem Ziel, endlich den Mehlenbach nicht nur aus der Ferne, sondern auch aus der Nähe zu erkunden. Dafür muss ich nur weiter dem Gebietswanderweg 17 folgen. Zwei querliegende Bäume weiter (kein echtes Hindernis, ein malerisches Motiv und zudem gut für mein Wanderer-Abenteurer-Selbstbewusstsein, mit allem fertig zu werden) ist es endlich so weit: über einen Blockbohlenweg gelange ich zu einer Brücke über den Mehlenbach, der sich malerisch durch das weite grüne Tal windet – mäandern sagt der Fachmann wohl dazu. Parallel zur hölzernen Brücke führt eine Furt durch das Wasser, und ich stelle mir den Spaß für Pferd und Reiter beim Durchqueren des Bachbetts vor – es sei denn, einer von ihnen ist wasserscheu oder nutzt die Gelegenheit für ein Bad. Das Gewässer wird begleitet von niedrigen und höheren Büschen, die zeitweise Hecken bilden und sich wie das Dach eines Kirchenschiffs über dem Bächlein wölben.
Auf der anderen Seite geht es wieder kurz bergauf, dann folge ich dem örtlichen Wanderweg 8 nach links bis zu meinem Ausgangspunkt. Immer noch werde ich linkerhand begleitet von dem plätschernden Mehlenbach, auf den ich immer wieder Blicke erhaschen kann. Zur Rechten steigt der Wald teilweise steil an, und von meinem Standpunkt aus, vielleicht 20 oder 30 Meter über der Talsohle, schaue ich zurück auf die andere Seite des Tals, dorthin, wo ich hergekommen bin. Deutlich oberhalb meines Standorts liegt gegenüber das Wäldchen, das ich erreichte, nachdem ich schon eine ganze Weile abwärts gelaufen war. Das Wacholdergebiet wird nur teilweise sichtbar, und plötzlich erkenne ich, wie hoch ich eigentlich war. Hoch über den Dingen, allein in meiner Hütte am Feldrand neben den alten Kiefern.
Ein guter Ort für den letzten Tag in Freiheit – für wie lange, das werden wir sehen.

Parkmöglichkeit: Bleialfer Straße (L17) 50°12’59.1″N 6°23’32.3″E
Daten zur begangenen Route: Länge: gut 4 km, Höhenmeter: aufwärts wie abwärts je etwa 130; Nutzung der Wanderwege 10 (nicht auf der Karte, aber an den Wegen gekennzeichnet), Gebietswanderweg „Route 17“ (Prümer Land) und Ortswanderweg 8 (Prüm)
Weitere Infos: www.ferienregion-pruem.de/wandern
Empfehlung: Wanderkarte Nr. 17 des Eifelvereins, „Prümer Land“, ISBN: 978-3-944-620-00-8

Weiter Blick über Niedermehlen
Blick zurück von fast ganz „oben“
Traumhafte Aussichten vom Wiesenweg am Waldrand über die Felder auf dem Weg zum Wacholdergebiet
Rast mit traumhaftem Blick
Einsame Hütte mit Ausblick

Kiefern mit Ausblick: Diese Bäume könnten viel erzählen
Traumhafter Blick über das Wacholdergebiet in die Landschaft hinein

Abstieg mit weitem Blick

Diese Schilder geleiten uns vom Wacholdergebiet hinab bis über den Mehlenbach

Der Mehlenbach

Hier geht es gleich links zum Mehlenbach
Dieser Blockbohlenweg führt zur Brücke über den Mehlenbach
Hier gluckert und plätschert es laut: Der Mehlenbach

Wanderweg 8
Wanderweg 8 kurz vor Niedermehlen
Der Mehlenbach windet sich malerisch durch das weite Tal

Frühlingsboten

Eine Schlucht, der Teufel, die Felsen und ich – oder: Von der Schlucht, die oben liegt (die Teufelsschlucht)

Die faszinierende, wildromantische Teufelsschlucht in Ernzen nahe der luxemburgischen Grenze und ich brauchten drei Anläufe, bis ich Landschaft und Felsen wirklich genießen und auf mich wirken lassen konnte. Das zwischen uns ist eine lange und komplizierte Geschichte.

Sie beginnt im April 2011, als ich mich frohgemut mit zwei Teenagern und einer Vierjährigen im Schlepptau aufmachte, die Felsschlucht zu erkunden, und erst einmal an den Irreler Wasserfällen halt machte – im Grunde eine sinnvolle Idee, die auch zunächst zu schönen Erlebnissen führte. Da wir vorhatten, mit dem Auto zur Schlucht weiterzufahren, ließ ich die Hälfte meiner Vorräte im Auto und nahm nur etwas Bargeld, zwei Trinkflaschen und einen kleinen Snack mit zu den Wasserfällen. Wir kletterten hinab zum Fluss und erkundeten die Stromschnellen, überquerten die malerisch überdachte Brücke, bestaunten den Ausblick über das wilde Wasser und die gewaltigen Felsblöcke darin und durchstreiften schließlich den angrenzenden Wald. Auf einem Schild stand: Teufelsschlucht 2,0 km.

Nun, dachte ich bei mir, das ist nicht weit, und die Stufen, mit denen der Weg begann, sahen hübsch und einladend aus. Von den 180 Höhenmetern, die wir auf diesem Stück überwinden mussten, und dass der Rundweg durch die Teufelsschlucht weitere 1,8 Kilometer lang ist (ganz zu schweigen von seinem ständigen Auf und Ab), war nirgendwo die Rede. Bei jedem Felsen glaubten wir, die Schlucht erreicht zu haben, machten eine Pause, tranken, aßen, fotografierten und entdeckten dann ein weiteres Schild mit dem Vermerk „Teufelsschlucht“ und einer Kilometeranzeige, die einfach nicht signifikant kleiner werden wollte. Nach etwa einem Kilometer und gefühlten 1000 Stufen gingen uns Getränke und Verpflegung aus. Die Teenager meuterten. Die Vierjährige gab den letzten Schluck in ihrer Flasche dahin für die maulenden Jugendlichen. Klingt wie ein Märchen, fühlte sich an wie ein Alptraum und führte meinerseits zu Phantasien von plötzlich auftauchenden Helikoptern oder geländetauglichen Traktoren, die uns aus diesem „Irgendwo im Nirgendwo“-Trip befreiten.

Als wir die Teufelsschlucht endlich erreichten, übersahen wir die Abkürzung zum Besucherzentrum, stolperten hungrig, durstig und müde zwischen Felsen hindurch und Pfade und Stiege hinauf und hinab, ohne sie genießen zu können. Endlich im Besucherzentrum angekommen, füllte ich meine Flasche mit Leitungswasser, kaufte Essen und Trinken für die Kinder, eine Karte für mich (natürlich – die Menschen in der Eifel sind immer hilfsbereit – begleitet von einer exakten Wegbeschreibung bezüglich der kürzesten Strecke zurück zu meinem Auto), schärfte meinen Kindern ein, sich nicht vom Fleck zu rühren, und galoppierte die Abkürzung vom Besucherzentrum hinab zum Parkplatz an den Irreler Wasserfällen (ein Foto von der Brücke musste trotzdem noch sein!), stieg ein, fuhr die Strecke zum offiziellen Besucherparkplatz, lief von dort wieder zum Besucherzentrum (eine nicht enden wollende Entfernung von 500 Metern) und war nach rekordverdächtigen 45 Minuten wieder mit meinen drei Schützlingen vereint.

Fazit: Die Strecke erscheint deutlich länger und ist durch die Höhenmeter sehr anstrengend. Als Familie unbedingt „oben“ bei der Teufelsschlucht starten und mit dem Weg durch die Schlucht beginnen, solange man noch frisch und aufnahmefähig ist. Im Anschluss an eine Wanderung bietet sich ein Besuch im Dinosaurierpark an, der sich am Weg zwischen Parkplatz und Schlucht befindet. Bei Regen oder Frost kann der Pfad, der über Felsen, Stufen, Stock und Stein führt, glitschig und glatt sein. Es gibt eine Vielzahl von Wanderwegen unterschiedlicher Länge, die die Schlucht durchqueren. Unterhaltsam aufbereitete spannende Fakten rund um das Naturwunder und seine Entstehung gibt es auf dem 1,8 Kilometer langen kleinen Rundweg Teufelspfad 1 als Audiotour, die auch über eine App aufs Handy geladen werden kann. GPS-Geräte können im Besucherzentrum geliehen werden. Das Naturparkzentrum bietet neben „Teufels Küche“ noch ein Naturparkmuseum mit interaktiven Stationen, das Haus der Jagd und einen Info- und Souvenirshop. Das Besucherzentrum ist übrigens barrierefrei – die Schlucht ist es nicht!

Im Sommer 2019, bei meinem dritten Anlauf (der zweite scheiterte an einem trüben Novembertag 2013 an meiner negativ angehauchten Stimmung), erschloss sich mir endlich die traumhafte Schönheit und Faszination dieser Schlucht, die ihren Namen mehr als verdient hat: Ich drängte mich durch schmale Spalten, die ich nicht aufrecht durchqueren konnte, starrte auf bizarre Steingesichter, bewunderte wild wucherndes Grün und durchlöcherte Felsen und bestaunte die atemberaubende Aussicht hinab auf die sanft hügelige Eifellandschaft außerhalb der Schlucht. Die wilde, ungezähmte und berauschend schöne Natur verzaubert an jeder Ecke auf eine ganz urtümliche und aufregende Weise, die jeder Beschreibung trotzt. Da gibt es nur eines: Sehen, durchwandern und jeden Meter genießen!

Nun endlich hatte ich auch Augen und Ohren für die Entstehungsgeschichte der Gegend und ihre Besonderheiten: Die Teufelsschlucht liegt am Ostrand des Ferschweiler Hochplateaus, also weit über den Irreler Wasserfällen am Unterlauf der Prüm im Tal (die eigentlich Stromschnellen sind). Die Landschaft der Südeifel bildete sich vor 190 Millionen Jahren aus einem Meer heraus, dessen Reste heute noch an vielen Orten der Eifel sichtbar sind. Es sind nicht zuletzt die Versteinerungen und Fossilien, die diese Landschaft so einzigartig und faszinierend machen. Im Delta eines Flusses, durch die Anhebung des Rheinischen Schiefergebirges heute auf einer Höhe von 330 Metern, bildete sich eine ca. 30 Meter dicke Schicht aus Luxemburger Sandstein. Der darunter liegende Mergelboden war weich und wurde stellenweise herausgewaschen, was zu einem Abrutschen der darüber liegenden Felsschichten und zur Bildung von Klüften führte. Vor etwa 12.000 Jahren, zum Ende der letzten Eiszeit, bildete sich – herausgesprengt im ständigen Wechsel zwischen Frost und Tauwetter – eine 28 Meter tiefe Felsspalte im Sandstein, an ihrer engsten Stelle nur einen Meter breit: die Teufelsschlucht war entstanden. Ihre Lage hoch oben verwirrte die Menschen. Diese Schlucht war nicht durch einen Fluss entstanden, sie musste Teufelswerk sein. Schaut man sich die Felsgebilde mit etwas Phantasie an, können sie auch heute noch gespenstisch wirken. Die ins Tal gerutschten gewaltigen Felsblöcke finden sich auch an den Irreler Wasserfällen. Die wabenförmigen Löcher im Sandstein stammen übrigens von Kieselsäure-Einlagerungen. Und noch eine botanische Besonderheit haben die Felsen vor Ort zu bieten: das goldgrün reflektierende Leuchtmoos. Als gäbe es nicht schon genug zum Wundern und Staunen!

 

Adressen und Infos:
Naturparkzentrum Teufelsschlucht, Ferschweilerstraße 50, 54668 Ernzen, Tel.: 06525/933930, www.teufelsschlucht.de
GPS Besucherzentrum 49°50.8217’N 6°26.1164’E
GPS Teufelsschlucht 49°50.7232’N 6°26.4195’E
Dinosaurierpark Teufelsschlucht (gleiche Adresse): Tel. 06525/9339344 www.dinopark-teufelsschlucht.de

Weitere Infos: www.eifel-gps.de, www.eifel.info, www.naturpark-südeifel.de  

Youtube: https://youtu.be/LbBaF5ezv3U

Irreler Wasserfälle

Durchgang

April 2011: Der Weg begann harmlos und schön
November 2013 – hier sieht man deutlich, wie winzig der Durchgang ist: Der Wanderweg führt durch dieses Loch!

Von oben nicht viel mehr als ein Spalt: Blick von oben am Ausgang der Teufelsschlucht (Norden)
Vor dem Eingang des Dinosaurierparks

Alles fest im Blick: Die Eifel von oben

Eifelblick „Am Apert“

Alles fest im Blick: Die Eifel von oben

Es gibt Themen, mit denen ist man nie wirklich „fertig“. Schon als Kind kletterte ich gerne auf Hochsitze, um mir einen Überblick zu verschaffen, obwohl ich sonst gar nicht so sportlich war. Bevorzugter Platz dafür: natürlich die Eifel!

Die Eifel ist reich an vielfältigen Landschaften, alten Klöstern und Schlössern, malerischen Dörfern, sanften Hügeln, schroffen Felsen, wasserreichen Wiesengründen und unendlich erscheinenden Wäldern. Und noch etwas bietet sie in Hülle und Fülle: fabelhafte Aussichten!

Diese „schönen Aussichten“ finden sich praktisch überall, wo der Betrachter ein wenig erhöht steht und die Sicht nicht durch Bäume verstellt wird. Im Idealfall wird dieser „Ort mit Ausblick“ noch ergänzt um eine Bank. Und die allerbesten Stellen – an denen die Augen gleich in mehrere Richtungen in die Ferne schweifen über endlose Hügelketten bis zum Horizont und wo sich atemberaubende Panoramen bieten – dort befinden sich die „Eifel-Blicke„.

Die entsprechenden Standorte wurden in den vergangenen Jahren vom Naturpark Nordeifel ausgebaut. Sie bestehen aus Aufbauten oder sogar Türmen mit Informationstafeln und sind von den benachbarten Wanderwegen/Zufahrtstraßen aus ausgeschildert. Alleine im Umkreis von 20 Kilometern rund um Prüm sind aktuell acht „Eifel-Blicke“ ausgewiesen, im Umkreis von 30 Kilometern sind es sogar 17. Aktuell finden sich auf der unten genannten Internetseite 65 Standorte, davon sind 13 barrierefrei zugänglich. Eines haben sie alle gemeinsam: Dem Besucher weht ordentlich Luft um die Nase, und die Aussicht ist herrlich und zeigt die Vielfalt und den Reiz der Eifellandschaft!

Vier davon habe ich bereits kennengelernt – viele weitere sollen noch folgen! Mein „erster“ „Eifel-Blick“ ist der Aussichtspunkt „Am Apert“ bei Büdesheim, den ich bereits 2009 besuchte. Zu jener Zeit war er einfach nur ein Fleck an einem Wirtschaftsweg mit einer phantastischen Aussicht und einer Picknickbank im hohen Gras. Und ich wusste als aufmerksamer Fahrgast meiner Gastgeber schon beim ersten Besuch die Antwort auf die alles entscheidende Frage: „Wo in diesem wunderschönen Panorama ist denn Fleringen?“ und fühlte mich wie ein Erstklässler, der beim Aufzeigen mit dem Finger schnipst, um auch bloß drangenommen zu werden. (Die Lösung wird natürlich nicht verraten, das soll jeder selbst herausfinden…) Heute geben Informationstafeln auf einer Holzplattform genaue Auskünfte über die Landschaft und die Ortschaften, die sich auf 600 Meter Höhe zu unseren Füßen erstrecken: Linkerhand über Wallersheim und die Prümer Kalkmulde hinweg bis zu den Höhen der Schneifel, nach rechts wandert der Blick weiter über den Duppacher Rücken zur Vulkaneifel hin. In weiter Ferne sind bei guter Sicht Teile der Ahreifel und die Vulkane um den Nürburgring erkennbar. Keine zwei Kilometer entfernt finden sich das Blutkreuz und die benachbarte Quelle. Ähnlich nah liegt „mein“ Waldhaus, in dem ich als Kind immer wieder gerne meine Ferien verbrachte. Heute sind es meine aktuellen Gastgeber, die mich jährlich zum Apert bringen.

Eine andere Tour führte 2017 zum Aussichtsturm „Zur Hardt“ oberhalb von Weinsheim. Während einer Traktorfahrt durch den zauberhaften Eifelwald bestieg ich erstmals die 25 Meter hohe Aussichtsplattform. Mit jedem Meter nach oben wurde die umliegende Landschaft mehr und mehr sichtbar, genau wie der sich entfernende Erdboden. Immer mehr Bäume blieben unter meinen Füßen zurück, und schließlich thronte ich hoch oben über den Wipfeln und konnte aus einer Gesamthöhe von 652 Metern über NN eine fabelhafte Rundumsicht weit ins Land hinaus genießen. Der Mobilfunkmast mit frei zugänglicher Plattform wurde 2010 am ehemaligen Standort eines hölzernen Aussichtsturms errichtet. Zugleich bietet er beim Besteigen – je nach persönlichem Umgang mit Höhen – ein wenig Nervenkitzel. Denn das Stahlgerüst bietet genügend Platz für den Blick nach unten… Für die, die es nach oben schaffen, bietet sich die Gelegenheit für das eine oder andere „Selfie mit Aussicht“. So auch für mich!

Zwei weitere „Eifel-Blicke“ eroberte ich dieses Jahr auf eigene Faust. Meine Wanderung vom Eichholzmaar zur Mineralquelle in Duppach führte mich zum Ausblick von der „Duppacher Höhe“. Dieser Platz ist nicht auf der unten genannten Internetseite der „Eifel-Blicke“ aufgeführt, allerdings der nahe gelegene, höher liegende „Eifel-Blick“ „Auf Heilert“. Trotzdem bietet der Aussichtspunkt auf 539 Meter Höhe am Bettinger Berg einen feinen Blick über die Vulkaneifel bis zur Hohen Acht, zum Nürburgring und zum Nerother Kopf. Über die im Mai vielfach gelb gefärbten Felder hinweg scheint mir in der Ferne die bezaubernde Votivkapelle auf der Anhöhe Wahlhausen zuzuwinken. Noch so ein Ziel…

Meine neueste Eroberung, wenn auch bei eher ungemütlichem Wetter, ist der „Katzenkopf Gondenbrett“ nördlich von Prüm ganz in der Nähe der Landstraße („Gondenbretter Weg“). Ich hatte es mir einfach machen und den Aussichtspunkt von der Straße aus besuchen wollen. Stattdessen wäre die Wanderweg-Variante vermutlich einfacher gewesen – und am Ende kaum länger. So wählte ich prompt die deutlich umständlichere Variante von Norden, die erst einmal konstant bergauf führte. Nicht weiter verwunderlich: „Eifel-Blicke“ liegen nun einmal oben. Irgendwann kam ich endlich an und schaute von der windumtosten Plattform in die an dem Tag nicht ganz so freundliche, aber umso eindrucksvollere Landschaft. Aus 574 Metern Höhe kann der Blick frei in alle Richtungen schweifen, über das Prümer Land und bis weit nach Belgien hinein. Ganz in der Nähe befinden sich Prüm und der Kalvarienberg (auch diese Geschichte will noch erzählt werden!). Der Höhenzug der Schneifel mit dem 697 Meter hohen „Schwarzen Mann“ bietet sich ebenso vor unseren Augen dar wie der Islek und die Prümer Kalkmulde. Die hölzerne Plattform wurde direkt auf einem gesprengten Westwallbunker errichtet. Die umliegende Natur lässt darauf nicht schließen. Wild und einsam und an dem Tag ähnlich zerzaust wie ich erhebt sich die Kuppe oberhalb der Zivilisation.

Nach dem „Eifel-Blick“ ist vor dem „Eifel-Blick“. Die Fern- (und Nah-)Sichten und ich sind noch nicht fertig miteinander. Nächstes Ziel – oder besser „weitere Aussichten“: Der Dreiländerblick bei Buchet. Es gibt noch so viel zu erkunden. Ich werde berichten…

 

Weitere Infos: www.eifel-blicke.de, www.ferienregion-pruem.de (unter „Erleben“ – „Ausflugsziele“), www.eifel.info, www.naturpark-eifel.de

Aussichtsturm „Zur Hardt“ Weinsheim: GPS 50°14’6.20″N, 6°28’14.56″E (der Straße „Zur Hardt“ aufwärts folgen, im Wald rechts halten – Parkgelegenheit am Gemeindehaus (Hans-Peter-Stihl-Haus, Straßburger Straße gegenüber der Kirche))

„Eifel-Blick“ „Am Apert“ Büdesheim: GPS 50°12’4.24″N, 6°33’14.72″E (B410 Büdesheim / Abzweig L10 in Richtung Wallersheim – Wanderparkplatz 17 – ab hier 2,5 km Fußweg)

„Eifel-Blick“ „Gondenbrett-Katzenkopf“: GPS 50°13’22.47″N,  6°24’47.14″E (Parkgelegenheit am St.-Joseph-Krankenhaus, ab hier 1,2 km Fußweg nördlich – ab Gondenbretter Weg/K180 definitiv ausgeschildert, direkt am Jakobsweg, Panoramaweg 120 und am Schneifel-Pfad gelegen)

„Eifel-Blick“ „Duppacher-Höhe“: GPS 50°16’12.43″N, 6°33’6.01″E (Wanderparkplatz Eichholzmaar, ab hier 1,5 km Fußweg westlich, direkt am Vulkaneifel-Pfad „Maare & Vulkane“ gelegen)

Blick vom „Apert“ zur Duppacher Höhe
Foto: Ferienhof Feinen
Nicht jeden interessiert die Aussicht
Foto: Ferienhof Feinen
Blick vom Apert über die Kalkmulde zur Schneifel
Eifel-Blick „Am Apert“: Vulkaneifel-Panorama
Am Turm angekommen
Auf dem Aussichtsturm
Blick Richtung Prüm
Landschaft, so weit das Auge reicht

Vulkaneifel-Panorama
Auch mal nach unten schauen…
Selfie mit Aussicht
Blick von der Duppacher Höhe in die Vulkaneifel hinein
Ganz oben links liegt die Votivkapelle Wahlhausen
Blick vom Katzenkopf Gondenbrett zum Kalvarienberg
Blick vom Katzenkopf zum Höhenzug der Schneifel mit dem Schwarzen Mann

 

 

 

Im Zeitreise-Tunnel – Besucherbergwerk Mühlenberger Stollen in Bleialf

 

Im Zeitreise-Tunnel – Besucherbergwerk Mühlenberger Stollen in Bleialf

Ein bisschen neugierig bin ich, als ich vor dem hölzernen Bauwerk im Süden Bleialfs stehe, hinter dem sich ein sanfter bewaldeter Hügel erhebt. Neben dem Gebäude befinden sich frei zugänglich mehrere alte Loren. Gegenüber eines kaum erkennbaren Wassergrabens parken wir und stoßen sofort auf ein Schild, das auf eine Katastrophe hinweist, die mir als Auswärtige bisher völlig entgangen war.

Am 1. Juni 2018 wurde die Region von einem Unwetter mit Starkregen heimgesucht. Das Wasser in Flüssen und Bächen schwoll stark an. Es war nicht einmal der namensgebende Alfbach, der dem Besucherbergwerk Flut und Verderben brachte, sondern der kleinere Üchenbach. Dort, wo er über ein Rohr unter der Straße hindurchgeführt wird, wurde ein Anhänger angeschwemmt. Bis heute weiß niemand, wie er dorthin geriet oder wohin er gehörte. Er verstopfte den Abfluss. Wasser und Schlamm sammelten sich in der Talmulde und suchte sich den einfachsten Weg: nach unten! Ins Besucherbergwerk. Stollen, Empfangsgebäude und das kleine zugehörige Museum alter Grubenlampen und anderen Zubehörs standen bis zum Dach unter Wasser. Die Statue der heiligen Barbara, Schutzherrin der Bergleute, wurde fortgeschwemmt. Zurück blieb eine Wüste voll Schlamm. Es dauerte über ein Jahr, bis Führungen wieder möglich waren. Die Sammlung wurde fast vollständig zerstört. Aber St. Barbara steht wieder an ihrem Platz. Und ein Album dokumentiert mit zahlreichen Fotos die Überflutung. Der Stollen ist um einige Ausstellungsstücke ärmer, aber um eine Geschichte reicher. Bergleute und Bevölkerung haben gemeinsam dafür gesorgt, dass dieser Ort bestehen bleibt. Und wir immer noch unter Tage Abenteuer erleben können.

Die Geschichte des Erzabbaus ist uralt. In der Eifel finden sich zahllose Erze: Eisen, Kupfer, Blei, Zink Mangan, Braun- und Toneisenstein. Heute sprechen wir über Blei. Europas größtes Bleierzvorkommen befindet sich in der Eifel: in Günnersdorf bei Mechernich. Auch hier in Bleialf war das Erz bereits maßgeblich für den Ortsnamen. Es handelt sich um eine der wichtigsten Erzlagerstätten in der Eifel. Die Überlieferung besagt, dass die Menschen nur etwas in der Erde buddeln mussten, um reiche Beute zutage zu fördern. Bereits die Kelten und die Römer wussten das und nutzten diese Schätze der Erde. Erzabbau wurde also bereits über 2000 Jahre lang betrieben. Erste urkundliche Erwähnungen stammen aus dem 11. Jahrhundert – diese schriftlichen Nachweise bezeugen 1000 Jahre Bergbau in der Schneifel! Auf dem Bergbaupfad lassen sich auf überschaubarer Strecke verschiedene Spuren und Relikte erwandern und erfahren. Allen voran das Besucherbergwerk Mühlenberger Stollen, das wir nun endlich betreten.

Zunächst erhalten wir jeder einen Kittel und einen Helm. Sobald eine vorherige Gruppe aus der Tiefe zurückgekehrt ist, geht es los. Wir sind sieben Personen: drei Erwachsene, drei Kinder und ein Stollenführer. Vorbei an einer Ausstellung alter Kommunikationsgeräte geht es die Treppe hinab in den Stollen, der ursprünglich der Entwässerung und als Arbeitsweg zu den Abbaustellen diente. Das eigentliche Abbaugebiet lag etwa einen Kilometer tiefer im Berg. Doch es gibt hier alles zu sehen, was den Bergbau vor Ort ausmachte. Unser Führer erzählt uns von der Geschichte des Bergwerks und des Abbaus, zeigt uns Lichtlöcher, Erzvorkommen und Gesteinsschichten in den Wänden und reicht uns „tonnenschweres“ Werkzeug zum ausgiebigen Selbstversuch. Niemand verlässt den Stollen ohne ein Stück Gestein in der Tasche. Und dennoch ist noch genug da. Alte Schilder und Original-Equipment bis hin zum „Scheißkübel“ (klar, was soll man unter Tage sonst machen, wenn man mal muss…) ergänzen den intensiven Einblick in alte Zeiten. Übrigens braucht sich niemand Sorgen zu machen: Blei in festem Zustand ist nicht giftig. Gefährlich wird es erst bei der Bearbeitung und beim Schmelzen. So können wir sorglos weiter erkunden: Was macht ein Hund unter Tage? Wofür sind die Keile zwischen Balken und Decke? Was ist Wetter? Woran erkennt man im Stollen, ob draußen ein Tiefdruck- oder ein Hochdruckgebiet vorherrscht? Wie alt sind die Eichenbalken im Stollen? (So viel sei verraten – das Alter ist beeindruckend!!!) Und wie verrät gerade dieses Holz den Bergleuten, wenn der Gang einzubrechen droht? Ich möchte das nicht alles erzählen, sonst ist der tatsächliche Besuch nur noch halb so spannend. Denn das war er wirklich: spannend und erlebnisreich!

Irgendwann war es so weit, und wir mussten wieder „auftauchen“, zurück nach oben, aus dem Stollen wie aus einem Zeittunnel zurück in unsere eigene Wirklichkeit. Empfangen von einem Schwall warmer Luft, der uns fast zu Boden drückt nach der angenehm kühlen, feuchten Luft, die sich so gut atmen lässt. Die Kinder dürfen die Glocke läuten, um uns anzukündigen: Wir kommen, wir fahren aus! Dann geht es die Treppe hinauf. Noch ein Erinnerungsfoto, dann geben wir Kittel und Helme wieder ab. Schön war’s. Bergbau zum Sehen, Riechen, Anfassen, Erleben… Wir waren sehr beeindruckt! Und kommen gerne wieder.

Die eigentliche Blütezeit des Bleialfer Bergbaus lag in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts. Der Mühlenberger Stollen selbst wurde von 1839 bis 1852 1189 Meter weit in den Berg getrieben. 1862 erreichte der Abbau im Mühlenberger Stollen seinen Höhepunkt. Nach anfangs 85 Arbeitern im Jahr 1856 stieg die Zahl der Beschäftigten auf mehr als 1000 an. 1885 lag sie bereits wieder bei „nur“ 111 Arbeitern. 1954 wurde der Stollen geschlossen. Seit 1986/87 ist er als Besucherbergwerk und Kulturdenkmal für die Öffentlichkeit zugänglich. Führungen und Pflege erfolgen durch den Bergmannsverein St. Barbara.

Wer den Bergbau noch genauer erkunden möchte, folgt dem Bergbaupfad zu weiteren Stationen: Lichtlöchern, Schächten, Stollen und Halden. Nicht weit von hier erinnert ein weiterer Wanderweg an Ernest Hemingway. Wieder so etwas, was niemand weiß: 1944 hielt er sich als Kriegsberichterstatter in Buchet auf – etwa vier Kilometer von Bleialf entfernt.

Vor langer Zeit jedoch gab es hier im Berg noch weitere Bewohner. Eine alte Sage erzählt von den Wichtelmännchen:

Die Wichtelmännchen waren dünne kleine Wesen, die in verborgenen Höhlen und Ritzen unter der Erde lebten. Manchmal sah man sie, wie sie sich im Gras sonnten oder glockenhelle Lieder sangen, doch niemand durfte ihnen zu nahe kommen oder gar erfahren, wo genau sie lebten. Sie waren hilfreich und gut. Als ein armer Bauer schwer erkrankte, kamen sie heimlich im Schutze der Dunkelheit, versorgten das Vieh, erledigten die Feldarbeit und droschen das Korn. Der Bauer wurde wieder gesund und blickte voller Dankbarkeit auf die getane Arbeit. Seine Frau nähte viele kleine Jacken, Hosen und Mützen, auf dass die kleinen Helfer im Winter nie wieder frieren müssten. Der Bauer wartete, bis tiefer Schnee lag, ging frühmorgens auf die Suche und folgte den kaum sichtbaren Spuren, die er fand. Voll Freude stellte er einen Korb voller winziger Kleidung vor den verborgenen Eingang zu ihren Gängen. Die kleinen Wichtel aber erschraken: Sie waren entdeckt worden! Voller Furcht ergriffen sie die Flucht und waren nie wieder gesehen…

 

Anschrift und Internetauftritt: Besucherbergwerk Mühlenberger Stollen, Brandscheider Weg/Hamburg 1, 54608 Bleialf, Tel. 06555/1227 oder 0160/1009749, info@besucherbergwerk-bleialf.de, www.besucherbergwerk-bleialf.de, www.bergmannsverein-bleialf.de

Öffnungszeiten: Mai bis Oktober Sa+So 14-17 Uhr (letzte Führung 16.15 Uhr), Sonderführungen und Gruppen ab 8 Personen nach Vereinbarung, Kindergeburtstage mit Schatzsuche

Eintrittspreise: Erwachsene 5,00 €, Jugendliche (6-14 Jahre) 2,50 €

Wanderempfehlung: Prümer Land Tour, Route 4 – Bergbaupfad Bleialf mit 12 Info-Stationen (kurzer Weg mit 6 Stationen 3km, langer Weg zzgl. 6 km) / Erlebnispfad Bleialf-Buchet (ca. 2,5 km) / Ernest-Hemingway-Weg (östlich von Bleialf, ca. 4km) / Westwall-Weg (östlich von Bleialf am Schwarzen Mann)

Weitere Infos: www.ferienregion-pruem.de (unter Erleben – Ausflugsziele oder Wandern – Prümer Land Touren), www.bleialf.de, www.naturpark-eifel.de, https;//touristikbleialf.de

Buchempfehlung (und Quelle der Wichtelgeschichte): Alois Mayer: Sagenhaft & Wunderbar – Sagen und Erzählungen aus dem Altkreis Prüm (Veröffentlichungen des Geschichtsvereins Prümer Land, Band 59), www.gvpl.de

Noch eine Geschichte zum Bergwerk Bleialf: http://eifelecho.de/eine-geschichte-aus-dem-bleialfer-bergbau/

Der Üchenbach im Normalzustand

Schönecker Schweiz – auf der Jagd nach der Felsenburg

Oben auf der Keltenfliehburg

Schönecker Schweiz – auf der Jagd nach der Felsenburg

Die Schönecker Schweiz und ich kennen uns jetzt elf Jahre. In jedem Urlaub streife ich zumindest ihre Randgebiete, zu Fuß, auf dem Pferderücken oder bei einem Ausflug mit dem Traktor. Sie hat so viele Gesichter, und jedes ist schön. Und eines ist sie eigentlich immer: grün! Grün vom Laub an den Bäumen, grün vom Bärlauch auf dem Waldboden und von Moosen, Farnen und Flechten auf den Felsen. Ihre Geschichte ist ein ganz eigener Eifelkrimi, denn hier existierte vor 400 Millionen Jahren ein Meer, dessen Ablagerungen die heutige Landschaft gestaltet haben. Und die ist außergewöhnlich!

Beginnen wir mit dem Bärlauch. Ab März bis in den Juni hinein begleitet uns dieser Duft durch die ganze Schönecker Schweiz. Es handelt sich um das größte zusammenhängende Bärlauchgebiet Europas! 2017 wurden hier etwa 60 Tonnen Bärlauch geerntet – Tendenz steigend. Daneben gibt es hier große Vorkommen an Märzenbechern, oft im Jahreslauf gefolgt vom Silberblatt. Zwischen Fleringen und Rommersheim befindet sich auf einer felsigen Anhöhe im Wald zudem noch eine andere botanische Besonderheit: die „krüppelig gewachsene“ Krausbuche! (Streng genommen gleich drei dieser Bäume.)

Überhaupt: als Teil der Prümer Kalkmulde, die mit 240 km² wiederum die größte der Eifeler Kalkmulden ist und im Süden der Kalkmuldenzone liegt, bietet die Schönecker Schweiz Geologen und Botanikern einmalige Einsichten und Erlebnisse. Für Enzian muss niemand in die Alpen fahren: Der (teils beweidete) Kalkmagerrasen an sanften Hängen bietet mit kargem Boden, wenig Wasser, viel Sonne und eisigem Frost extreme Lebensbedingungen, die erstaunlicherweise eine große Artenvielfalt begünstigen und solche Besonderheiten hervorbringen wie beispielsweise Orchideen, Enzian, Wiesen-Salbei, Mücken-Händelwurz, Thymian, Küchenschellen und Wacholder.

Gleich nebenan finden sich Dolomitfelsen und Karstgestein und eine interessante Besonderheit: „Schwindbäche“ (auch Verlierbäche genannt). Das Wasser verschwindet in „Schlucklöchern“ im Karstgestein und tritt an anderer Stelle wieder aus. So kommt es, dass sich hier unterirdisch das größte Trinkwasserreservoir der Südeifel befindet, das 20.000 Menschen versorgt. Die Schönecker Schweiz einmal von unten zu betrachten, wäre also genauso interessant wie unsere oberirdische Wanderung heute! Doch die ist spannend genug: Überall finden sich Fossilien, und die Felsen geben Geologen einzigartige Einsichten: Bei Schönecken-Wetteldorf wurde bereits 1937 der „Wetteldorfer Richtschnitt“ vorgenommen, anhand dessen Wissenschaftler die Grenze zwischen Unter- und Mittel-Devon festlegen konnten und der seit 1981 der weltweit einzig gültige Maßstab ist. Um bei Superlativen zu bleiben: Hier befindet sich auch das größte zusammenhängende Naturschutzgebiet im Landkreis Bitburg/Prüm, stolze 865 Hektar groß.

Es ist die Landschaft, die dem Beinamen „Schweiz“ alle Ehre macht. Beispielsweise die „Jungfernley“ im Schalkenbachtal unweit des Schönecker Wanderparkplatzes. Es wird berichtet, hier sei eine bösartige Jungfrau zu Stein erstarrt. Daneben gibt es auch Erzählungen, aus ihrem Felsspalt hätten Hebammen die neugeborenen Kinder herausgezogen. Oder etwa die Hohlley, das „Tor zur Unterwelt“, deren Tropfsteinhöhlen Fledermäusen und Kreuzspinnen Unterschlupf bieten.

Hier beheimatet ist auch die Sage vom „Schalkenmännchen“. Es soll sich um den hinterhältigen Johann von Schwirzheim handeln, den auch der Himmel nicht aufnehmen wollte und dessen Seele daher immer noch unruhig durch den Wald streift, in dem er gewaltsam zu Tode kam. Ein junger Knecht hatte in Wallersheim drei Ferkel abgeliefert und sein Trinkgeld in der dortigen Wirtschaft gegen flüssiges Wohlbefinden eingetauscht. In der Dämmerung machte er sich auf den Weg zurück zu seinem Dienstherrn nach Schönecken, als er im Schalkenbusch auf ein kleines Männlein traf, das er zunächst für einen verstockten Knaben hielt. Im Streit warf er dem Wicht böse Worte entgegen, bis dessen Gestalt wuchs und wuchs und ihm auf den Rücken sprang. Dem Jungen gelang es nicht, die bleierne Last abzuwerfen, die ihn zudem peitschte und antrieb und erst auf der Brücke in Schönecken von ihm abließ. Es heißt, der Knecht sei danach nie wieder froh gewesen.

Wen wundert es, dass auch die Kelten dieses Gebiet zu schätzen wussten? Oberhalb des Altburgtals befindet sich eine sogenannte „Keltenfliehburg“, auch „Keltenring“ genannt: Bezeichnungen, die neugierig machen! Um sie zu finden, muss man gut zu Fuß sein, und so machen wir uns auf den Weg, laufen von Meyersruh, wo Schalkenbach und Kupferbach zusammentreffen, über den Ichter Berg hinab ins Altburgtal und folgen zunächst dem Wanderweg 2. Meine Wanderkarte ist der Ansicht, dass Wanderweg 1 sicher am „Keltenring“ vorbei führt, doch diversen Wegbeschreibungen entnehme ich, dass auch die 2 zum Ziel führt, wenn man achtsam ist und sich im richtigen Moment rechts hält. Die Frage, wann dieser richtige Moment ist, wird uns eine Weile auf Trab halten – neben der atemberaubend schönen Wald- und Felsenlandschaft, die uns umgibt. Hinweisschilder geben uns die Sicherheit, auf dem richtigen Weg zu sein, und so biegen wir kurz rechts ab, um ein paar besonders schöne Felsen im Wald in Augenschein zu nehmen. Wenn ich Kelte gewesen wäre, hier hätte ich gelebt! Ich ernenne dieses Stück Erde kurzerhand zu meiner persönlichen Keltenfliehburg und folge weiter brav den Schildern, bis der Wald aufhört und ich irritiert feststelle, dass wir die Keltenfliehburg längst erreicht haben müssten. Also müssen es die grandiosen Felsen sein, an denen wir unlängst vorbei gelaufen sind, direkt am Wanderweg 1, was auch zu den Angaben auf meiner Karte passt. Die nächste halbe Stunde erkunden wir diese Felsen und Klüfte, und ich stehe auf den natürlichen Terrassen oberhalb der Bäume und stelle mir vor, wie die Kelten diesen Bereich gegen die von unten herannahenden Feinde verteidigten. Die Angreifer hatten keine Chance! Zufrieden lassen wir diesen Ort hinter uns und folgen dem Schneifel-Pfad abwärts, dem Altburgtal mit seinem Schluckloch entgegen. Die Felsen haben 1000 Gesichter: ein Flusspferd, von einem Löwen gejagt, ein schlafendes Krokodil, ein Bär mit einer vorwitzigen Nase – vielleicht ist es auch ein Fabelwesen, das Wache hält vor der Burg. Wie mögen die Kelten diese gewaltige Natur verehrt haben?

Wenige Meter weiter laufen wir fast gegen ein Schild, das plötzlich in der Landschaft erscheint und uns mit folgenden Worten begrüßt: „Schutz vor Feinden: Burg aus der Zeit um 500 v. Chr.“ Schallendes Gelächter erfüllt den Wald: Was auch immer wir vorher erkundet haben, hier ist es, das Ziel unserer Wanderung! Und es ist tatsächlich beeindruckend. Die Felsen Richtung Süden und Osten mögen mindestens 20 Meter hoch sein. Von hier oben gesehen geht es senkrecht in die Tiefe – Eroberung unmöglich, Verteidigung gesichert. Auf der ebenen Seite, von der auch wir uns genähert haben, gab es Wälle und Gräben sowie Konstruktionen aus Steinen und Holz – eine Abgrenzung von etwa 4.000 m². Das Holz ist längst verrottet, doch die Steine liegen überall. Was für ein magischer Ort hier oben mitten im Wald, grün schimmernd in der Sonne. Unter uns liegt das Altburgtal mit der kleinen Brücke und dem Schwindbach und wartet darauf, dass wir diese Burg von unten bestaunen.

Wer suchet, der findet – gelegentlich auch dreimal…

 

So findet man die Keltenfliehburg: Sie liegt am Schneifel-Pfad oberhalb des Altburgtals, ca. 50°10’8″N, 6°29’13″E (Angabe in der Datenbank der Kulturgüter: 50.169538N, 6.488320E). Wanderweg 2 verläuft unterhalb der Burg. Am einfachsten ist es, den Altburgbach in nördliche Richtung über die kleine Stahlbrücke zu überqueren. Dann wenige Meter links bis zum Infoschild über Karstbäche. Von hier nun weder Richtung Niederhersdorf noch Richtung Schönecken laufen, sondern den kleinen Pfad (Schneifel-Pfad) bergauf. Die Keltenburg befindet sich während des gesamten „Aufstiegs“ auf der rechten Seite. „Oben“ befinden sich rechterhand das Infoschild und der Zugang.

Lage: zwischen Schönecken, Rommersheim, Fleringen und Hersdorf

Wanderparkplätze: in Schönecken (Lindenstraße/L5 an der Nims-Brücke) und Rommersheim (der Straße „Auf der Schlack“ in östliche Richtung folgen)

Weitere Infos zu Wanderwegen und zu einer Mountainbike-Tour sowie zu den geologischen Gegebenheiten: www.ferienregion-pruem.de, www.schoenecken.de, www.naturpark-eifel.de, www.eifelsteig.de/Partnerwege/Vulkaneifel-Pfade (Schneifel-Pfad)

Führungen: http://www.brunhilde-rings.de/fuehrungen/altburgtal/

Buchempfehlung: Alois Mayer: Sagenhaft & Wunderbar – Sagen und Erzählungen aus dem Altkreis Prüm (Veröffentlichungen des Geschichtsvereins Prümer Land, Band 59), www.gvpl.de

YouTube: https://youtu.be/4s7TbqExq0s

Am Fuße der Keltenfliehburg
Bärlauch zwischen Rommersheim und Fleringen
Gefunden: Dieses Schild informiert über die Keltenfliehburg
Altburgtal bei Schönecken
Krokodilfelsen
Blick von der Fliehburg – Wir tauften dieses imposante Felsgebilde „Die Liebenden“
Brücke im Altburgtal
An der Jungfernley
Jakobsweg am Schalkenbach bei Schönecken
Die Krausbuche zwischen Rommersheim und Fleringen
Interessanter Baum ausgangs des Altburgtals kurz vor Schönecken

Imposante Felsen am Kupferbach nahe Meyersruh
Schwindbach
Mit all meiner Phantasie glaubte ich die Angreifer zu sehen – aber die „echte Burg“ ist noch 500 Meter entfernt

Oberhalb des Altburgtals am Wanderweg 2
Mystische Felsen mitten im Wald
Auch hier wäre ein guter Ort für eine Burg gewesen – Felsen am Wanderweg 1
Nicht die gesuchte Keltenfliehburg, aber wer weiß…
Blick vom Schneifel-Pfad auf die Kelten-Fliehburg
Jungfernley

Tanz auf dem Vulkan – unterwegs rund um Steffeln und Duppach

 

Blick über die Vulkaneifel vom Eifelblick Duppacher Höhe

Tanz auf dem Vulkan:
Unterwegs rund um Steffeln und Duppach

 

An einem Samstag im Mai mache ich mich auf den Weg zum Tanz auf dem Vulkan: Interessanterweise sind es die kleinen Ortschaften Duppach und Steffeln, die – obwohl ganz am Rand der Vulkaneifel und nur etwa 15 Kilometer von Prüm entfernt gelegen – auf recht engem Raum alles präsentieren, was der Vulkanismus in der Eifel zu bieten hat. Schaut man sich die Ausbruchszentren der Quartär-Zeit (die letzten 2,588 Millionen Jahre bis heute) an, so gibt es an keiner anderen Stelle der Eifel eine derartige Dichte an Ausbrüchen und Kratern wie genau hier. Zudem sind die (meist trockenen) Maare hier im Norden des Westeifler Vulkanfeldes die ältesten. Am Eichholzmaar gibt es hierzu eine Schautafel.

Während Duppach verträumt-beschaulich daherkommt, bindet Steffeln seinen Gästen bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf die Nase, dass sich hier alles um die heimischen Vulkane dreht. Im Vulkangarten erfährt der neugierige Besucher Genaueres über die Entstehung, den Ausbruch und die verschiedenen Formen von Vulkanen: Vulkanismus quasi zum Anfassen, mit einer mächtigen Vulkanwand, einem Modell-Maar und einem Modell-Vulkankegel. (Das ist wieder so ein Augenblick, wo ich unbedingt auf etwas hinaufklettern muss und nicht sicher bin, ob ich an einem Stück wieder herunterkomme – dieses Mal gerate ich nur ein bisschen ins Rutschen; trotzdem wird mir letztlich klar, dass es sich nicht um Schotterwege hinauf handelt, sondern um symbolische Lavaströme!)

Als der Steffelnkopf vor mehr als 100.000 Jahren entstand, war das sicher weniger gemütlich, genauso während des Schlackeabbaus in den vergangenen 30 Jahren, doch beeindruckend ist es dort auch heute. Neben den Infotafeln werden Experimentierstationen und Führungen angeboten, und an den Stationen lassen sich Lava- und Ascheströme, Einschlagtrichter, Wasserabflussrinnen und komplexe Phänomene wie Entstehungsphasen, Diskordanzen und Antidünen buchstäblich mit allen Sinnen erfahren und auf Abbildungen nachvollziehen. Ich verstehe jetzt endlich, was ein Tuffring ist und mache mich auf den Weg zur Steffelner Kirche, die auf einem solchen erbaut ist – absolut beeindruckend und sehenswert!

Beschaulich und entspannt präsentiert sich das Eichholzmaar, das etwa 1,7 Kilometer entfernt zwischen Steffeln und Duppach in der sich anmutig hebenden und senkenden Landschaft ruht, die von einigen markanten „Vulkanköpfen“ beherrscht wird. Mit einem Durchmesser von 120 Metern und einer Tiefe von drei Metern ist es eines der kleineren der 75 Eifelmaare, von denen zwölf Wasser führen. Auch das Eichholzmaar war zwischenzeitlich trockengelegt worden. Der seit 2007/2008 durchgeführten Renaturierung verdanken wir die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands als Maarsee mit vielen seltenen Tieren und Pflanzen. Die Maarkrater sind übrigens deshalb vergleichsweise groß, weil es bei der Eruption zum Kontakt zwischen Magma und Grundwasser kam, der zu besonders starken Explosionen führte, und in den Tiefen der Maarseen finden Wissenschaftler unglaubliche Zeugnisse unserer Klima- und Besiedlungsgeschichte – hier beispielsweise Asche aus dem heftigen Vulkanausbruch, bei dem vor 13.000 Jahren der Laacher See entstand.

Rund um das Eichholzmaar gibt es Bänke und Ruhezonen und die Möglichkeit, entspannt die Natur zu betrachten oder sie von einem Beobachtungsturm aus zu genießen. Die hier beobachteten Vögel sind auf einer Tafel aufgelistet, und wenig später – auf dem Weg zur nahegelegenen Eichholzer Mineralquelle, wird mir klar, welche Farbe mich schon den ganzen Tag begleitet: Vor mir landet ein bezaubernder Vogel, der so unglaublich golden in der Sonne glitzert, dass es sich nur um eine Goldammer handeln kann! (Eine Annahme, die die Infotafel im Beobachtungsturm bestätigt.) Überall um mich herum ist es gelb: Löwenzahn, Raps, Ginster, Zitronenfalter und nun auch eine Goldammer!

Die in Stein gefasste Eichholzer Mineralquelle wird auch Steffelner Drees genannt (übrigens hat dieses in der Eifel sehr gebräuchliche Wort einen keltischen Ursprung: „draisen“) – ein deutliches Zeichen für stärker kohlendioxidhaltiges Wasser. Beim Betrachten erkenne ich die aufsteigenden Bläschen, die auch deutlich auf der Zunge prickeln. Ein letzter Gruß des erkaltenden Magma im Erdinneren. Schon die Farbe lässt erkennen, dass das Wasser einen hohen Eisengehalt besitzt. Es enthält übrigens vergleichsweise wenig Calcium und Magnesium. Auf der anderen Seite des Eichholzmaars, jenseits der Landstraße, befindet sich in einem Waldstück eine weitere Quelle, der Aueler Drees – wer also noch Durst hat… Von dort lässt es sich vorzüglich weiterwandern zu einer römischen Ausgrabungsstätte, aber heute besuche ich die Vulkane und nicht die Römer.

Ich folge dem Wegweiser Richtung Duppach, denn dort gibt es noch mehr zu trinken und außerdem noch ein Maar. Doch zunächst geht es aufwärts zum Eifelblick „Duppacher Höhe“ auf dem 539 Meter hohen Bettinger Berg. Der Blick reicht weit über das sanfte grün-gelbe Land und bleibt an markanten Punkten hängen, wie an der auf dem Steffelner Tuffring liegenden Votivkapelle Wahlhausen am alten Kreuzweg. Spannende Ziele gibt es noch genug.

Ich folge weiter dem Vulkaneifel-Pfad. Der Abstieg zur Mineralquelle Duppach ist relativ komfortabel. Unten ist es warm und sonnig. Die Quelle – auch Duppacher Drees genannt – liegt westlich des Dorfes, liebevoll durch einen Quellpavillon überdacht und in Stein gefasst mit einem Auslass aus Metall, an einer schmalen Straße direkt am Rande des trockenen Duppacher Maars. Das Wasser ist ebenfalls kohlensäure- und eisenhaltig, enthält aber auch sehr viel Calcium, Magnesium und Natrium sowie wenig Chlor und ist gut trinkbar. Knapp zwei Kilometer entfernt im weiteren Verlauf dieser Strecke lockt ein weiterer Aussichtspunkt: der „Eifelblick Heilert“.

Menschen, die sich nach Aufmerksamkeit sehnen, sei ein Spaziergang durch das trockene Duppacher Maar an den dort grasenden Kuhherden vorbei empfohlen. Diese Tiere sind äußerst neugierig und kontaktfreudig und freuen sich über jede Abwechslung. Die am Hang stehenden Tiere muhen bei dieser Gelegenheit sogar mit einem klangvollen Echo!

Eifelherz, was willst Du mehr – denke ich und genehmige mir noch einen Schluck aus der Quelle.

 

Wanderparkplätze: Eichholzmaar und Vulkangarten Steffeln

Möglichkeiten zum Erkunden: Vulkaneifel-Pfad „Maare & Vulkane“, Eifelverein-Wanderweg 2, Georundweg Steffeln / Georundweg Duppach (je etwa 10 km) sowie ein Rundgang durch Steffeln und Umgebung, der auf der Infotafel am Parkplatz des Vulkangartens beschrieben ist.

Führungen Vulkangarten/Eichholzmaar durch den Eifelverein ab Dorfgemeindehaus Steffeln (gegenüber der Kirche) April-Oktober jeden Mittwoch um 14 Uhr

Weitere Infos: www.obereskylltal.de, www.gerolsteiner-land.de, www.naturpark-eifel.de, http://eifelsteig-partnerwege.de

Im Vulkangarten
Vulkangarten – im Vordergrund das Maar
Tuffsteinring an der Kirche in Steffeln
Ankunft am Eichholzmaar
Eichholzmaar
Blick über das Eichholzmaar auf den Beobachtungsturm auf der anderen Seite
Eichholzer Mineralquelle / Steffelner Drees
Duppacher Drees
Freundliche Aufmerksamkeit im Duppacher Maar
Gelb, wohin das Auge reicht – blühendes Eifelgold (Ginster)
Aussichtspunkt Duppacher Höhe
Blick von der Duppacher Höhe auf Steffeln

Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann?

Auge in Auge mit dem Schwarzen Mann

Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann?

 

Auf der Fahrt durch den Wald meinem Ziel entgegen schwirrt es durch meinen Kopf: „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?“ Ich sehe die alte Turnhalle vor mir und die Kindergruppen an den beiden Seiten, die sich gegenseitig zurufen: „Und wenn er kommt?“ – „Dann laufen wir!“

Und laufen werde ich auch. Denn ich werde ihm heute begegnen: dem Schwarzen Mann mit seinen Höhen und Tiefen. Erst einmal Höhen, denn ich befinde mich zunächst einmal auf dem Bergrücken. Oder Hügelkamm? Scheitel des Höhenzugs? Ich forsche nach: Der Schwarze Mann ist 697,3 Meter hoch. Und hat natürlich nichts mit dem Kinderlied zu tun – ach was! Das Internet weiß: Der Schwarze Mann ist die höchste Erhebung der Schneifel sowie der dritthöchste Berg der Eifel (nach der Hohen Acht und dem Erresberg) und gilt als Eldorado für Wintersportler und Wanderer sieben Kilometer nordwestlich von Prüm unweit der belgischen Grenze im Naturpark Hohes Venn. Und falls jemand mit dem Wort Schneifel nichts anfangen kann – das steht nicht etwa für die Schnee-Eifel, in der sich die Schneifel befindet, die aber ein größeres Gebiet umfasst, sondern kommt von dem Wort „Schneise“ und bezeichnet den Gebirgszug, zu dem auch der Schwarze Mann gehört. Verwirrt beschließe ich, dem Internet und meinen diversen Broschüren in dieser Hinsicht zu vertrauen und wende mich wieder dem Schwarzen Mann zu.

Doch bevor ich dem Herrn in die Augen schaue, halte ich am Wanderparkplatz 5. Denn nur 200 m von hier, direkt dort, wo die Straße nach Schlausenbach abzweigt, steht das Kettenkreuz und erzählt seine dunkle Geschichte. Dorthin gelange ich über einen weich federnden Waldpfad, der „nur für Wanderer“ (so steht es auf dem alten Holzschild am Wegrand) parallel zur Straße verläuft. Die beiden Bänke am Kreuz laden zu einer Pause ein, in der ich die Legende in Ruhe wirken lassen kann.

Kätt, ein Mädchen aus Schlausenbach, muss mutig und unerschrocken und vielleicht ein wenig vorwitzig gewesen sein. Sie wettete mit den jungen Männern aus ihrem Dorf, sie werde des Nachts allein im Dunkeln zu einem düsteren Ort mitten im Wald laufen. Auf dem Weg hinauf auf den Grat überfiel sie die Angst. Hinter jedem Baum oder Strauch witterte sie Gefahr. Als die Dorfjungen übermütig als Gespenster verkleidet aus den Büschen sprangen, erschrak sie so sehr, dass sie tot zu Boden fiel. An dieser Stelle wurde später ein Kreuz für sie errichtet: das Kättchenkreuz – heute Kettenkreuz genannt.

Als nächsten Ausgangspunkt habe ich mir den Wanderparkplatz 7 ausgesucht. Er liegt direkt oben am „Schwarzen Mann“ und trägt den klangvollen Namen „Am Tranchotstein“ – nach dem Tranchotstein, den wir später noch kennen lernen werden.

Rechterhand des Wanderweges, auf der Rückseite der an den Parkplatz grenzenden Erhebung führt eine Treppe hinauf zu einer Plattform, auf der sich ein hölzerner Geselle befindet: der Schwarze Mann mit Hut, langem Bart und Wanderstock. Hier oben erfahre ich, was die Gegend ausmacht und woher der seltsame Name stammt: Bis ins 19. Jahrhundert hinein war der 15 Kilometer lange Höhenrücken unter dem Namen „Kerschtgesroth“ bekannt, was „Waldrodung“ bedeutet und auf den keltischen Volksstamm der Karusker/Cäroser zurückgeht, der hier beheimatet war. Der heutige Name stammt möglicherweise von den schwarzen Gesichtern der Bergleute oder der Köhler, die in der Gegend lebten und arbeiteten – vielleicht aber auch von den Holzgerüsten aus Baumstämmen, die napoleonische Landvermesser als Orientierungspunkte in die Landschaft setzten und die aus der Ferne wie dunkle Gestalten gewirkt haben mögen.

Aus dieser Zeit stammt auch der Tranchotstein direkt gegenüber der Treppe, dort, wo der „Moore-Pfad Schneifel“ die L20 kreuzt. Napoleons Kartograph Jean Joseph Tranchot markierte den höchsten Punkt der Schneifel (50°15’29″N, 6°21’37″E) mit diesem Stein, der die Inschrift „Kerschtgesroth“ trägt und mit Symbolen versehen ist. Er ist einer von 59 Punkten, die dazu dienten, das eroberte linksrheinische Gebiet flächendeckend zu kartographieren.

Etwas betriebsblind finde ich erst einmal weder den von mir mit Spannung erwarteten Holzkerl am höchsten Punkt noch den Stein mit dem interessanten Namen auf Anhieb und trabe an ihnen vorbei den Moore-Pfad Schneifel bergab, wo mich schon der nächste Fels mit Geschichte erwartet. Einfach so am Wegrand befindet sich ein Menhir – auch Langstein oder Weisenstein genannt. Die Kelten hinterließen sie in der Eifel, und es wird vermutet, dass sie besondere Stellen markierten, als Wegweiser oder auch Göttersteine dienten. Wer Kultorte finden möchte, muss nicht weit reisen. Alles, was wir in der Ferne suchen, finden wir auch in der Eifel! Der 150 cm hohe „Forstmeister-Jansen-Stein“ aus Grauwacke war schon lange in der Schneifel bekannt. 1930 wurde er an die jetzige Stelle verbracht und mit einer Inschrift im Gedenken an den Trierer Oberforstmeister Ivo Jansen versehen, die heute kaum noch erkennbar ist. So wandelt er sich vom Gedenkstein wieder zurück zu seinem keltischen Ursprung.

Etwas unterhalb treffe ich auf den Wanderweg 1 und folge dem Westwallweg nach rechts. Auf 630 Kilometern Länge waren von Kleve bis Basel 20.000 Bauwerke aus Zement, Eisen und Holz als Verteidigungs-Bollwerk im Westen errichtet worden. Ein Teil der Ruinen aus dieser Zeit befindet sich hier, auf dem Schwarzen Mann, und mahnt uns zum Frieden. Beeindruckende Relikte aus dem 2. Weltkrieg säumen den Weg, und ein Audioguide mit QR-Code erzählt mir an dieser Stelle die Geschichte des moosbewachsenen Gruppenunterstandes für 15 Personen (Station 11), den ich nun interessiert betrachte und der sich kaum von einem unterhöhlten Felsen unterscheidet.

Über die bequem ausgebauten Wanderwege 1 und 9 arbeite ich mich bergab ins Tal vor, wo ich wieder auf den „Moore-Pfad Schneifel“ treffe, mich dort links halte und etwas suche, das mich schon im Vorfeld neugierig gemacht hat: das Eschfenn mit seinen Blockbohlenwegen. Der Wald weicht einer kärgeren Moor-, Sumpf und Heidelandschaft, und dann erblicke ich links hinter einer Sitzgruppe den ersehnten Blockbohlenweg im Quellgebiet des Alfbaches. Spätestens hier fällt mir auf, was mich schon den ganzen Tag begleitet: Gluckerndes Wasser und das Zwitschern der Vögel. Egal ob auf der Höhe oder hier unten – überall ist Wald, überall singen Vögel und vor allem ist überall Wasser! Auch oben am Westwallweg, selbst an der Landstraße entlang. Das liegt an üppigen 1300 mm Niederschlag jährlich auf den Hochlagen der Schneifel, dem wasserstauenden Boden und den relativ sanften Gefällen. So nehmen die Torfmoose das Wasser auf und geben es langsam und stetig wieder ab. Nicht zuletzt an meine Ohren, die das Konzert aus den Stimmen des Wassers und der Vögel sichtlich genießen.

Ich atme tief ein und durchstreife das lichte Waldgebiet mit dem feuchten Boden auf klingenden Holzwegen und weich federnden Pfaden. Dieser besonders reizvolle Abschnitt des Weges ist bestimmt 500 Meter lang. Hinterher gelange ich links über einen zauberhaften Waldweg mit etlichen Bohlenwegen, Brücken und spannend gewachsenen Bäumen und über einen weiteren steil aufsteigenden Pfad (Teil des Matthiaswegs und des Moore-Pfads Schneifel) wieder etliche Höhenmeter hinauf zurück zum Schwarzen Mann. Den ich nun – ebenso wie den Tranchotstein – endlich finde und gebührend kennen lernen kann.

Im Winter ist das etwa 1,4 km von hier gelegene Blockhaus am Schwarzen Mann, umgeben von Abfahrtspisten, Langlaufloipen, einer Rodelbahn und Schleppliften, das Herz dieser Gegend. Und auch im Sommer bietet es Speis und Trank und ein offenes Kaminfeuer, Streichelzoo, Spielplatz und eine schöne Aussicht. Der immens große Wanderparkplatz 6 ist ein idealer Ausgangspunkt für etliche Wanderungen – sowohl auf gut ausgebauten breiten Wegen als auch auf schmalen, spannenden Pfaden. Wie auch am Parkplatz 7 oben am Tranchotstein befinden sich in einem Behälter neben der Übersichtskarte der Gegend Informationsblätter mit Wanderrouten und einer Karte der Umgebung. Der Schwarze Mann und ich sind noch nicht fertig miteinander. Es gibt noch so viel zu sehen! Der Dreiländerblick ist mir heute verwehrt geblieben. Und noch so vieles anderes. Und hier im Wald gibt es einen Trekking-Platz zum Zelten in freier Natur. Ich bin neugierig – und komme wieder…

 

Koordinaten:

Kettenkreuz: ca. 50°16’21.65″N, 6°22’53.49″E (am Schneifelpfad, Matthiasweg, Wanderweg 3 und 9)

Schwarzer Mann / Tranchotstein: 50°15’29″N, 6°21’37″E (am Moore-Pfad Schneifel)

Wanderwege:

Westwallweg, Matthiasweg, Moore-Pfad-Schneifel, Schneifel-Pfad (Muße-Pfad – Weg des Friedens), Wanderwege 1, 2, 3 und 9

Weitere Informationen:

www.ferienregion-pruem.de

https://www.naturwanderpark.eu/wanderwege/a-moore-pfad-schneifel (Premium-Wanderweg Moore-Pfad Schneifel)

Audio-Guide Westwallweg (zur Zeit in Überarbeitung): http://gwiw.bund-rlp.de/projekte/audioguide/

Eifel-Trekking: www.trekking-eifel.de

Literaturempfehlung:

Georg Müller: Wanderungen für die Seele, Droste Verlag 2016, ISBN 978-3-7700-1566-5

Kettenkreuz
Tranchotstein
Forstmeister-Jansen-Stein
Am Westwallweg
Im Eschfenn
Moore-Pfad Schneifel

Moore-Pfad Schneifel/Matthiasweg

Eine doppelte Entdeckung – das Kreuz im Wald

Keine andere Region steckt so voller mystischer Geschichten, die gern und gut gewürzt von den Einheimischen wiedergegeben werden. So führte eine Exkursion meiner Ferienhofbauern zum Blutkreuz im Wald südöstlich von Büdesheim, gar nicht weit von „meinem alten Waldhaus“ entfernt, in dem ich als Kind viele ausgiebige Urlaube verbrachte.

Um das Blutkreuz rankt sich eine – wie könnte es anders sein – blutige Geschichte: Eines Sonntags ging ein Jäger auf die Pirsch, tief in den Wald hinein. Unweit einer Quelle folgte er einem scheuen Reh, das verzweifelt vor ihm her sprang und schließlich hinter einem steinernen Kreuz Schutz suchte. Der Waidmann legte an und schoss, doch immer wieder verfehlte er sein Ziel. Blinde Wut wallte in ihm auf, und er legte erneut an und feuerte eiskalt auf das Kreuz. Der Schuss hallte im ganzen Wald wider – und drang tief in das Denkmal ein. Das Reh sprang fort, doch der kalte Stein begann aus seiner tiefen Wunde zu bluten. War das die Strafe dafür, dass er am Sonntag gejagt hatte? Erschrocken wandte der Jäger sich ab und hastete nach Hause. Kaum hatte er seine Stube betreten, fiel er tot zu Boden. Das Reh aber lebte noch lange und sprang froh durch den Wald. Man sagt, der Jäger folge ihm heute noch in dunklen Nächten durch den Wald am Blutkreuz.

Das spätgotische Nischenkreuz im Hundsbachtal wurde im 16. Jahrhundert errichtet und ist unter anderem über Route 3 der Prümer Land Touren (www.naturpark-eifel.de) oder Route 28 (www.ferienregion-pruem.de) zu erreichen. Ein schmaler Pfad durch den Wald führt zunächst zu einer Quelle und von dort zum Blutkreuz (50.202642N, 6.574016E). Nicht weit von dieser Stelle befinden sich ein „Drees“, eine kleine Kapelle und auf dem Apert ein „Eifel-Blick“ mit einer wunderbaren Aussicht. Davon soll ein anderes Mal die Rede sein.

Ich habe das Blutkreuz bereits drei Mal besucht – dachte ich. Doch als ich alte Fotos von 1976 durchschaute, die mein Vater, ein passionierter Fotograf, gemacht hatte, sah ich eine Abbildung von einem Steinkreuz, das mir sehr vertraut erschien. Schnell öffnete ich meine Bilddateien und zoomte, wie man das heute digital so schön machen kann, immer tiefer in das Bild hinein. Die Einschusslöcher in dem Kreuz sind auf beiden Bildern zu erkennen. Mein kleines Eifelherz lacht – ich war schon mit sechs Jahren an dem Kreuz, das mir erst kürzlich seine Geschichte erzählte.