Eine doppelte Entdeckung – das Kreuz im Wald

Keine andere Region steckt so voller mystischer Geschichten, die gern und gut gewürzt von den Einheimischen wiedergegeben werden. So führte eine Exkursion meiner Ferienhofbauern zum Blutkreuz im Wald südöstlich von Büdesheim, gar nicht weit von „meinem alten Waldhaus“ entfernt, in dem ich als Kind viele ausgiebige Urlaube verbrachte.

Um das Blutkreuz rankt sich eine – wie könnte es anders sein – blutige Geschichte: Eines Sonntags ging ein Jäger auf die Pirsch, tief in den Wald hinein. Unweit einer Quelle folgte er einem scheuen Reh, das verzweifelt vor ihm her sprang und schließlich hinter einem steinernen Kreuz Schutz suchte. Der Waidmann legte an und schoss, doch immer wieder verfehlte er sein Ziel. Blinde Wut wallte in ihm auf, und er legte erneut an und feuerte eiskalt auf das Kreuz. Der Schuss hallte im ganzen Wald wider – und drang tief in das Denkmal ein. Das Reh sprang fort, doch der kalte Stein begann aus seiner tiefen Wunde zu bluten. War das die Strafe dafür, dass er am Sonntag gejagt hatte? Erschrocken wandte der Jäger sich ab und hastete nach Hause. Kaum hatte er seine Stube betreten, fiel er tot zu Boden. Das Reh aber lebte noch lange und sprang froh durch den Wald. Man sagt, der Jäger folge ihm heute noch in dunklen Nächten durch den Wald am Blutkreuz.

Das spätgotische Nischenkreuz im Hundsbachtal wurde im 16. Jahrhundert errichtet und ist unter anderem über Route 3 der Prümer Land Touren (www.naturpark-eifel.de) oder Route 28 (www.ferienregion-pruem.de) zu erreichen. Ein schmaler Pfad durch den Wald führt zunächst zu einer Quelle und von dort zum Blutkreuz (50.202642N, 6.574016E). Nicht weit von dieser Stelle befinden sich ein „Drees“, eine kleine Kapelle und auf dem Apert ein „Eifel-Blick“ mit einer wunderbaren Aussicht. Davon soll ein anderes Mal die Rede sein.

Ich habe das Blutkreuz bereits drei Mal besucht – dachte ich. Doch als ich alte Fotos von 1976 durchschaute, die mein Vater, ein passionierter Fotograf, gemacht hatte, sah ich eine Abbildung von einem Steinkreuz, das mir sehr vertraut erschien. Schnell öffnete ich meine Bilddateien und zoomte, wie man das heute digital so schön machen kann, immer tiefer in das Bild hinein. Die Einschusslöcher in dem Kreuz sind auf beiden Bildern zu erkennen. Mein kleines Eifelherz lacht – ich war schon mit sechs Jahren an dem Kreuz, das mir erst kürzlich seine Geschichte erzählte.