
Auf einem Thron hoch über den Dingen stehen – dieser Traum, den sicher mancher von uns hegt, wird oberhalb von Pronsfeld ganz einfach Wirklichkeit. Man muss nur wissen, wo man danach suchen muss, und danach ein kleines bisschen Beweglichkeit mitbringen – und schwupp, schaut man vom hohen Sessel auf die Welt hinab, die sich zu den Füßen ausbreitet – und weit hinaus über das nahezu unendlich erscheinende Land.
Schon so lange war ich so neugierig: „Sonnenuntergangsstuhl“ wird er genannt, oder auch „Windmühlenzählstuhl“ … Riesenbänke gibt es ja inzwischen schon so einige, davon eine auch hier in Pronsfeld, von der ich bereits früher berichtete. Sie sind eine herrliche Sensation und ein phantasievolles, außergewöhnliches Motiv für Fotoshootings mit der ganzen Familie. Im Oktober 2023 haben die von mir hoch geschätzten, stets findigen und fleißigen Pronsfelder dem Ganzen eine neue Dimension verliehen: Einen Riesenstuhl an exponierter Stelle östlich der Ortschaft, oberhalb der „Alten Kirche“ und des Friedhofs, am Rande des Weges, der zum „Matzerather Kreuz“ führt. Dieses Wissen ließ mir schon lange keine Ruhe mehr, und Anfang November, kurz vor meiner Abreise aus der Eifel, ist es endlich so weit: Der Riesenstuhl und ich lernen uns kennen!
Ich weiß schon ungefähr, wo ich danach suchen muss, und nun kann ich es ganz genau schildern: Von Pronsfeld kommend folgt man der St.-Remigius-Straße aufwärts, vorbei an der Alten Kirche und dem Friedhof. Nach weiteren 200 m, knapp 400 m, bevor man auf die Prümer Straße treffen würde, weisen rechterhand ein Holzschild mit der Aufschrift „Matzerather Kreuz“ und die Wegweiser der roten und der gelben Route („St. Remigiusrunde“/“Kleine Milchstraße“) darauf hin, dass ich hier rechts abbiegen sollte – eine Aufforderung, der ich gerne nachkomme, wenn auch quasi blind, da weit und breit nichts Außergewöhnliches zu erkennen ist. Nach 100 m auf dem befestigten Wirtschaftsweg (auch dieser schon mit herrlicher Aussicht über Pronsfeld) erblicke ich das Ziel meiner Sehnsucht. Unter einem größeren Baum, der sich in eine Hecke aus verschiedenen Gehölzen einfügt, steht ein hölzerner Stuhl von beachtlicher Höhe, der dazu einlädt, erklommen zu werden. Die Sitzfläche ist so hoch, dass ich nicht darauf schauen kann – etwa auf 1,60 oder 1,70 m Höhe. Eine senkrechte Leiter führt hinauf. Ich reiche meiner Freundin, die mich heute begleitet, meine Kamera. Beim Klettern ist sie ohnehin im Weg, und ich wünsche mir ja auch Fotos von mir auf dem Stuhl. Und was macht sie? Sie hat nichts Besseres zu tun, als mich beim Erklimmen des Thrones zu fotografieren – laut ihren Ausführungen, um den Fokus meiner Kamera zu testen, um mich dann später auch mit den Fotoergebnissen zufriedenzustellen, und weil ein schöner Rücken ja auch entzücken kann. Das Resultat ist mehr als vergnüglich: Mit weit herausgestrecktem Po hangele ich mich breitbeinig über die Sprossen hinauf. Elegant ist anders. Wer solche Freunde hat …
Oben angekommen ergreift mich große Freude: Im strahlenden Sonnenschein erstreckt sich das Land vor mir: Eine weitläufige Hügellandschaft mit Wäldern und Feldern, und in der Senke eine Ansammlung von Häusern – Pronsfeld! Im Vordergrund winkt mir die Alte Kirche zu. Es könnte gar nicht idyllischer sein! Aufgrund der Lage kann ich mir die malerischen Sonnenuntergänge hier sofort vorstellen. Schon jetzt, am Nachmittag, knallt mir die Sonne auf die linke Wange und taucht die Landschaft in goldenes Herbstlicht. Sofort fordere ich meine Kamera zurück und mache mich daran, das herrliche Panorama von hier oben festzuhalten.
Ich kann mich gar nicht sattsehen und erst recht nicht „sattfotografieren“ an diesem wunderbaren, erhebenden Ausblick, und genieße diesen Moment von Herzen, in dem mir die Welt zu Füßen liegt. Hier, auf 463 m Höhe, faltet sich das Gelände zu meinen Füßen auf wie auf einer Reliefkarte. Und zu meiner Linken laden etliche, weit entfernte Windräder dazu auf, zu zählen. Allein in der Hügelwelt halblinks (ich überlege mir, dass das irgendwo bei und hinter Lünebach sein müsste) erblicke ich 22 oder 23 davon, noch weiter links und noch weiter entfernt befindet sich ebenfalls eine Ansammlung dieser modernen Bauwerke. Mein Blick wandert nach unten und um mich herum, auf dieses neue, in der Form konventionelle, aber in der Größe experimentelle hölzerne Möbelstück, auf dem ich mich befinde und das hier einfach so – mit einer Widmung zur Erinnerung an M.S. und F.B. auf einer seitlich angebrachten Plakette – in der Landschaft herumsteht: Der Stuhl ist stabil und seitlich gut gesichert, und die Lehne (an der das Pronsfelder Wappen angebracht ist, was für noch mehr Throngefühle sorgt!) ist so hoch, dass sie meinen Kopf noch überragt. Und er erfüllt den Zweck, zu dem er erbaut wurde – aus Spaß an der Freud quasi, um zu beglücken und die herrliche Aussicht noch einmal ganz ausdrücklich für unsere Augen zu erschließen. Ich schaue in mein Herz und merke: Ja, das ist gelungen! Und erfreue mich noch einmal an der sonnenüberfluteten Aussicht und an meinem Thron, bevor ich mich wieder an den Abstieg wage und mich (nach einem Abstecher zum Matzerather Kreuz und einem gemütlichen Kaffeeklatsch bei meiner Freundin) auf den Heimweg mache, zurück in mein Alltagsleben und tapfer dem Winter entgegen.
Weiterführende Informationen:
https://pronsfeld-eifel.de/blog/riesenstuhl
GPS Riesenstuhl ca.: 50° 9’32.34″N, 6°21’21.16″E
Parkgelegenheit:
An der St.-Remigius-Straße
Früherer Blogbeitrag über die Riesenbank:
https://susanne-wingels.de/ein-bisschen-gullivers-reisen-die-suche-nach-der-pronsfelder-riesenbank
Weitere Blogbeiträge über Pronsfeld:










