Man könnte 1000x daran vorbeifahren, ohne ihn zu sehen – doch das wäre extrem schade, denn unweit der Landstraße von Fleringen nach Wallersheim versteckt sich ein „Schatz“ mit einer wahrhaft spannenden Geschichte: der Langstein, auch Langenstein oder Lahnstein genannt.
Die ganze Eifel ist voll von Relikten aus alten Zeiten, angefangen bei der Steinzeit und bei den Kelten über die Römer zu den Franken, Merowingern und Karolingern mit Karl dem Großen, der auch und gerade für das Prümer Land von größter Bedeutung war – der eine oder andere mag sich an den Beitrag „Prüm und die Sache mit den Karolingern“ erinnern…
An vielen Stellen finden wir Keltenringe und uralte Festungen; Anhäufungen von Steinen, die 1000 Geschichten erzählen könnten. Ähnlich bedeutsam, aber viel besser sichtbar sind die Menhire und Langsteine! Der Wallersheimer Basaltstein ist etwa eineinhalb Meter hoch und schaut – wie ein mahnender Finger – weit über das Land. Das Internet teilt uns mit, dass der Stein vermutlich auf die deutsche Megalithkultur der Jungsteinzeit zurückgeht, also deutlich vor Beginn unserer Zeitrechnung hier „abgestellt“ wurde. Man findet ihn aus Fleringen kommend an der L30, bevor die Serpentinen bergab Richtung Wallersheim beginnen. Von dem hier gelegenen Parkplatz folge ich 150 m weit in nordöstlicher Richtung einem Pfad. Schon nach wenigen Schritten wird er oben auf der Anhöhe vor mir deutlich sichtbar, umgeben von einem kleinen Zaun – ein Anblick, der mich fesselt. Je nach Wetterlage schaut er drohend oder interessiert auf jeden hinab, der sich ihm nähert. Die Neugier treibt mich voran, und schon bald bin ich „oben“. Eine Bank lädt zum Ausruhen ein, aber erst muss der Stein von allen Seiten betrachtet werden – und fotografiert natürlich!!! Ist es ein magischer Ort? Was passiert, wenn ich ihn anfasse? 1000 Bilder, Sagen und Legenden fallen mir ein, von Zauberei, verwunschenen und verschwindenden Menschen. Mir wird etwas flau im Magen…
Ach, was könnte dieser Stein erzählen! Wir müssten nur zuhören, und vielleicht hat der eine oder andere dies schon getan. Denn es gibt so viele Sagen, die sich um den Langstein ranken. Wikipedia weiß zu berichten, dass er sich dreimal um sich selbst dreht, wenn am Karfreitag mittags die Glocken läuten. Vor meinem inneren Auge läuft eine Art Comic ab, und ich muss unwillkürlich lächeln.
Eine andere Legende behauptet, dass er zu Ehren eines schwedischen Feldherrn errichtet wurde, dessen Grab sich in der Nähe befindet. Mir klingt das zu neu und zu profan, ich möchte lieber die alten Kelten oder steinzeitliche Kulturen vor mir sehen. Nichtsdestotrotz: Hier begraben zu sein hätte schon was – mit ewigem Blick über das weite Land mit seinen sanften Hügeln und Wallersheim mit seinem Kirchlein zu meinen Füßen. Ich atme tief durch und könnte ewig bleiben. Einfach hier sitzen und schauen… In der Ferne sehe ich die Wege und den Wald, auf denen ich schon als Kind so gerne unterwegs war. Eine kleine Zeitreise zurück zu diesen Spaziergängen mit meinen Eltern und Großeltern würde mir schon genügen. Damals lernte ich die Eifel lieben und hörte nie wieder damit auf.
Doch meine Phantasie reist weiter: Die wohl bekannteste Sage um den Menhir schildert die Suche nach einem alten Wikingerschatz, der unter dem Stein vergraben liegen soll. Dass er noch nie geborgen werden konnte, hat einen guten Grund: Denn dies muss schweigend geschehen. Es ist nicht so, dass es noch niemand versuchte. Aber immer geschah etwas, das die Schatzsucher dazu brachte, ihr Schweigen zu brechen. Einmal erschien eine alte Frau, vielleicht eine Hexe, die den grabenden Bauern große Angst einjagte. Dennoch blieben sie still und setzten ihr Werk fort. Doch dann stand neben der Alten auch noch ein wahrer Höllenhund und näherte sich geifernd und knurrend, bis einer der Männer die Schaufel wegwarf und einen Warnruf ausstieß. Sofort rutschte der Felsblock zurück, und das Loch war wieder verschlossen. Ich schließe die Augen und sehe sie vor mir, grabend, mit ihren Händen und mit Schaufeln und mit starken kräftigen Pferden, die am Stein ziehen und zerren, bis dieser eine von ihnen spricht und all ihre Arbeit unter ihren Händen zerrinnt und Hexe und Hund sich in Luft auflösen. Der Boden um den Stein wirkt unberührt und schaut mich unschuldig an. Einen Schatz zu heben ist hier noch niemals gelungen!
Ich schaue mich um – hier gibt es noch mehr Magisches und Mystisches: Auf der anderen Seite der Landstraße steigt ein Weg an bis auf den Merteshügel mit seinem Gipfelkreuz. Wie ungewöhnlich!!! Ein solches Kreuz würde ich im Hochgebirge erwarten. Hier in der Eifel ist es etwas ganz Besonderes und macht mich neugierig. Ganz bis dorthin kann ich nicht, da es sich auf einer eingezäunten Weide befindet, aber der Weg führt an der Wiese vorbei, so dass ich es aus der Nähe betrachten kann. Ganz oben, nicht weit von dem Kreuz entfernt, befindet sich das Grab eines Keltenfürsten, umringt von einfacheren Grabstätten. Natürlich (leider!) wurde es längst geplündert.
Folgt man dem Weg hinauf auf den Merteshügel, so verläuft er in einer geraden Linie zum Langstein, von einer Anhöhe zur nächsten. Weit unter mir liegt Wallersheim, aber hier ist es still und geht stetig bergauf bis zu dem Gräberfeld, und ich glaube ihn sehen zu können, den Trauerzug, der den Fürsten zu Grabe trug, vor ewigen Zeiten. Ob sie sangen? Oder schwiegen? Wir wissen so wenig. Aber hier, in der Eifel, können wir sie immer wieder fühlen, die uralten Zeiten!
https://wallersheim-eifel.de/index.php/gemeinde/geschichte
https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=2721
http://www.wingarden.de/wing/kelten/index-vorzeit.html
Buchempfehlung: Alois Mayer: Sagenhaft & Wunderbar – Sagen und Erzählungen aus dem Altkreis Prüm (Veröffentlichungen des Geschichtsvereins Prümer Land, Band 59), www.gvpl.de
Blick auf Wallersheim