An einem Abreisetag im November 2019 befinde ich mich auf dem Weg von Schönecken nach Waxweiler förmlich über den Wolken. Im Tal liegt malerischer Nebel, hier oben auf den Höhen strahlt die Sonne auf mich herab, als wollte sich die Eifel noch einmal von ihrer allerbesten Seite zeigen. Und diese allerbeste Seite zeigt sie mir an diesem Tag in vielfältiger Weise.
Viel zu spät bin ich losgefahren – der Kaffee war einfach zu gut! Und ich weiß, meine Planung für Waxweiler ist eigentlich schon dahin, weil ich viel zu spät dort ankomme. Ich möchte zur Touristen-Information, denn dort liegt auch der Eingang zum Devonium und zu der Ausstellung der Fundstücke aus einer alten Römervilla, und um 12 Uhr ist Mittagspause. Aber ein Plan ist ein Plan, und so fahre ich tapfer weiter, überwältigt von der Schönheit des Lichts, das der Tag mir zu bieten hat. Und ohne eine Möglichkeit, mit Anstand zu stoppen und diese Schönheit fotografisch festzuhalten, denn die Straße ist schmal und kurvig und die Straßenränder matschig und tief. Ich befinde mich über den Wolken, im strahlenden Licht der Sonne, während unter mir die Täler im watteweißen Nebel verschwinden.
Tapfer betrete ich das „Haus des Gastes“, schon darauf gefasst, wegen der Kürze der Zeit zu Recht abgewiesen zu werden. Doch ich habe die Rechnung ohne „meine“ Eifeler Menschen gemacht. Die Touristikerin macht mir einen guten, pragmatischen und überaus netten Lösungsvorschlag, und kurz darauf betrete ich den kleinen Raum, der die Ausstellung zur Römerzeit beinhaltet. Und staune!
An anderen Orten wird großes Aufhebens um Funde aus der Römerzeit gemacht, hier in „Waleswilere“ (so der Name aus der Römerzeit) präsentieren sie sich in handfester Anschaulichkeit, nämlich im wahrsten Sinne des Wortes zum Anfassen. Neben Modellen und Vitrinen mit Münzen und Original-Fundstücken (die zum Teil auch auf die Steinzeit und die Kelten zurückgehen, größtenteils jedoch aus der Römerzeit stammen) finden sich auf einem Tisch sowohl Infomaterialien als auch echte Scherben und Dachpfannen, die Geschichte so hautnah erfahrbar machen, dass mir die Luft wegbleibt. Ich erkundige mich nach dem Fundort und erhalte eine präzise Wegbeschreibung zur Römervilla und zur Nachbildung einer Mauer am Ortsausgang Richtung Lünebach.
Doch zunächst gilt meine Aufmerksamkeit dem Devonium, das wieder einen ganz anderen Aspekt der Eifeler Geschichte beleuchtet: Hier geht es um die Erdgeschichte an sich, um die Entwicklung des Lebens auf der Erde und um Funde aus dem nahegelegenen Steinbruch, die all dies fabelhaft sichtbar machen! Es handelt sich um „400 Millionen Jahre alte Fossilien, die uns einen Rückblick in die Welt des Devons ermöglichen“ (Zitat aus der Ausstellung). Hier in Waxweiler mündete zu dieser Zeit bei tropischem Klima ein Fluss in das Urmeer und bildete ein großes Delta, vergleichbar mit dem heutigen Orinoco-Delta. Sand- und Tongestein wurden als Sedimentschichten im Flussdelta abgelagert und konservierten dabei Reste der damaligen Tier- und Pflanzenwelt. In der interaktiven, modernen Ausstellung bestaune ich Funde und Modelle, die Entwicklungen (be)greifbar machen, die wir uns sonst nur schwer vorstellen können. Muscheln, Ringelwürmer, Panzerspinnen, Gliedertiere und Skorpione, Quastenflosser und erste Fische sind deutlich im Gestein zu erkennen, ebenso Algen, Pilze, Farne, Schachtelhalme, Bärlappgewächse und erste Spuren von Würmern. Das Leben fand seinen Weg aus dem Wasser an Land. Hier können wir erfahren, was das bedeutete und welche Strategien für alle Lebewesen nötig waren, um mit den geänderten Bedingungen (UV-Strahlung, Austrocknung, Schwerkraft) fertig zu werden. Neue Arten wurden hier im Steinbruch in Waxweiler entdeckt und tragen die Namen der hiesigen Entdecker. Sehr eindrucksvoll ist auch die Abbildung der bisherigen Erdgeschichte auf einen Zeitstrahl, der ein Jahr darstellt. Das Devon liegt hier im Übergang zwischen November und Dezember.
Sprachlos vor Staunen mache ich mich schließlich auf den Weg, um die Überreste der echten Römervilla zu entdecken. Ich biege zu früh ab und lande prompt auf einem Wendehammer in einem Neubaugebiet. „Sie sehen so aus, als hätten Sie sich verfahren!“ spricht mich ein freundlicher Eifelmensch pragmatisch an. Doch seine kleine Tochter weiß Rat. Sie weiß, wo die Römervilla ist, und beschreibt den Weg so anschaulich („Du musst immer nach oben fahren!“), dass ich ihn auf Anhieb finde. Wie gerne würde ich mich dafür heute noch einmal bedanken!!!
Mitten zwischen Neubauten, kurz vor einem weiteren Wendehammer, sind auf der rechten Straßenseite Mauerreste erhalten, überdacht und restauriert. Ein Keller, ein Brunnen – alles ist frei zugänglich, zum Sehen, Begehen und Anfassen. Und zum Staunen natürlich!
Die Eifeler haben eine Weise, die spektakulären, einzigartigen Schätze ihrer Heimat ganz selbstverständlich jedem frei zugänglich zu präsentieren, die einfach glücklich macht! So husche ich noch flink zum Ortsausgang Richtung Lünebach und erfreue mich an einem rekonstruierten Stück Stadtmauer. Später am Tag muss ich die Eifel mal wieder verlassen. Doch noch bin ich hier und genieße Landschaft, Sehenswürdigkeiten und Menschen in vollen Zügen, tauche ein in alte Zeiten, ohne den Blick auf das Hier und Jetzt zu verlieren. Denn hier ist das kein Gegensatz. Waxweiler/Waleswilere – ich komme wieder!!!
Weitere Infos:
Devonium Waxweiler (Haus des Gastes), Hauptstraße 28, 54649 Waxweiler, Anmeldung für Gruppen: 06554/811, www.waxweiler.com/devonium (Eintritt 2,50 €/Erw., 2 €/Kind, geöffnet Mo, Di und Fr 9-12 Uhr, 13.30-16.30 Uhr, Do 9-12 Uhr, Sa 10-12 Uhr)
Geocache zur römischen Villa: https://www.geocaching.com/geocache/GC4CA5J