Vom Hängen, Schwingen und dem Blick in die Tiefe –die Irreler Wasserfälle und ihre neue Hängebrücke

Es war einmal … vor gar nicht allzu langer Zeit, als eine hölzerne Brücke mein Romantik-Herz erblühen ließ. Zu naheliegend die Parallele zu dem Buch und dem Film, den ich so liebe: „Die Brücken am Fluss“! Und ja, ich berichtete bereits davon, in meinem Beitrag über die Teufelsschlucht, mit blumigen, freudigen Worten, bevor die Flut 2021 alles niederriss und mit sich spülte, bevor Ratlosigkeit und Entsetzen sich breit machten und von den Irreler Wasserfällen nichts blieb als ein paar Stromschnellen und ein Haufen Trümmer.

Es dauerte mehr als drei Jahre, bevor ich mich im Spätherbst 2024 wieder dorthin wagte – und etwas Neues vorfand: das nicht mehr meinen Sinn für Romantik ansprach, aber dafür umso mehr mein Herz für Abenteuer! Mein 13jähriges Ich, das wilde Achterbahnen liebte … Und ich gebe offen zu, das ist schon länger her, aber ich freue mich immer, wenn „die Kleine“ mal wieder herauskommt aus der vernünftigen, vor sich hin alternden Hülle. Etwas Aufregendes, Neues also hier an diesem Ort: die Rede ist von der neuen, im September 2023 eröffneten Hängebrücke!

Als Kenner der Geierlay im Hunsrück bin ich besonders gespannt auf den Vergleich. Unsicher, ob mir nicht vielleicht Höhenangst die Möglichkeit zur Entdeckung raubt, hatten mich dort das Schwingen der Konstruktion und der Blick in die Tiefe vom Gegenteil überzeugt. Solange der Untergrund solide ist, ist für mich alles bestens – der Rest weckt nur die Abenteuerlust. Nun erhoffe ich mir ein ähnliches Empfinden hier in der Eifel.

Vom Wanderparkplatz sind es nur wenige Meter bis zur Brücke – die übrigens bedingt barrierefrei ist (stufenlos, 140 cm breit, 8,5% Steigung, Gitterroste im Boden mit 3,3×1,1 cm großen Öffnungen). Eine Skulptur des Künstlers Christoph Manke weist den Weg, weitere Infoschilder geben Auskunft zur Entstehungsgeschichte des Felsmassivs (Schichten aus 190 Millionen Jahre altem Luxemburger Sandstein und weichem Mergelboden, die während der letzten Eiszeit vor etwa 12.000 Jahren aufgrund der Temperaturschwankungen Felsspalten bildeten), der Wasserfälle (durch einen Felssturz während eben jener Eiszeit) sowie zu den Auswirkungen der Überflutung 2021. Und ebenso, warum nicht eine neue Holzbrücke, sondern diese stählerne, federleicht erscheinende Konstruktion etwa 100 m flussabwärts der ursprünglichen Stelle errichtet wurde: Ein Pfeiler in der Mitte, wie er bisher verwendet wurde, hätte einen Hochwasserabfluss behindert und wäre bei Extremwetter erneut gefährdet gewesen.

Endlich öffnet sich der freie Blick auf die Brücke, die sich zu meiner Überraschung – anders als die „Kollegin“ an der Geierlay – nach oben wölbt: 110 m lang, 16 m über der Schlucht, mit 10 m hohen Stahlpylonen. Voller Spannung setze ich meinen Fuß darauf, und hurra! Sie schwingt! Ganz besonders, als mir ein rennendes Kind entgegenkommt. Und nein, sie schaukelt nicht wie das, was man aus Indiana-Jones-Abenteuerfilmen kennt (das, was dann immer beim Kämpfen auseinanderbricht); die Abspannseile und der sehr stabil und solide wirkende, nahezu undurchsichtige Boden sorgen für reichlich Stabilität und Sicherheit. Aber die Schritte der anderen Menschen – auch auf der anderen Seite der Brücke – übertragen sich ebenso wie meine und sorgen für ein herrlich federndes, schwingendes Gefühl, das ich von Herzen ebenso genieße wie das fremde Kind, das auf mich zu hüpft. Und, ganz ehrlich, da hüpfe ich auch ein bisschen! In der Mitte laden auch als Bänke nutzbare Trittstufen zum Verweilen und in-die-Tiefe-Schauen, während sich genau unter mir das Wasser ungezähmt, wild und stürmisch seinen Weg zwischen den Felsen hindurch bahnt – die Stromschnellen bieten nach wie vor einen ganz besonders malerischen Anblick, der mein Herz höher schlagen und mich die gewaltige Kraft der Natur erspüren lässt. Da darf die Seele endlich wieder fliegen!

Auch am anderen Ufer hat sich viel verändert: ein Picknickbereich lädt zur Rast, und die von Holzzäunen begrenzte Route führt letztlich hinauf zum altbekannten Weg. Doch auch dort ist alles anders. Wo 2011 die Treppenstufen durch den tiefen Wald die Strecke hinauf zur Teufelsschlucht einläuteten, sorgten Klimaschäden und Borkenkäfer für einen Kahlschlag, der erst langsam wieder zuwächst. Doch zum Wasser hin sorgen Bänke und eine Schutzhütte für einen Blick auf das wilde Wasser und die Überreste der alten Brücke. Auf der anderen Seite, am nordöstlichen ehemaligen Brückenkopf, wurde eine Gedenkstätte mit historischen Aufnahmen der Brücke im Wandel der Zeit errichtet. Hier erfahre ich auch, dass es immer wieder Zerstörungen durch Hochwasser gab. Die älteste Abbildung stammt aus dem Jahr 1900 und zeigt einen Steg, der 1918 durch eine Überflutung fortgeschwemmt wurde. Die überdachte Wanderbrücke, die ich so liebte, stammte aus dem Jahr 1959.

Doch ich mag sie, die neue Brücke. Sie macht mir große Freude, und zumindest das Wasser vermag ihr nichts mehr anzuhaben. Ich überquere sie noch ein paarmal, einfach aus Spaß an der Freud, und mache mich dann noch auf den Weg zur nahegelegenen Prümer Burg. Aber davon werde ich ein anderes Mal erzählen. Lebe wohl, neue Freundin Hängebrücke, lebe wohl, du brausendes, tosendes Wasser der Prüm. Wir sehen uns wieder! Ganz bestimmt!

 

Weiterführende Informationen:
https://www.eifel.info/a-irreler-wasserfaelle

Wanderwege:
Naturpark Südeifel – Teuflische Acht
NaturWanderPark delux – Felsenweg 6
Naturpark Südeifel – Rundwanderweg 59

Parkgelegenheit:
Parkplatz „Irreler Wasserfälle“ an der L4 nördlich von Irrel (Prümzurlayer Straße) 54666 Irrel, GPS 49°51’17.10″N, 6°26’48.85″E

Mein früherer Blogbeitrag über die Teufelsschlucht (Februar 2020)
(mit Fotos der alten Brücke und der Treppe zur Teufelsschlucht, als sie noch von Wald umgeben war):
https://susanne-wingels.de/eine-schlucht-der-teufel-die-felsen-und-ich-oder-von-der-schlucht-die-oben-liegt-die-teufelsschlucht

 

Blick von der Hängebrücke in die Schlucht

Eine Schlucht, der Teufel, die Felsen und ich – oder: Von der Schlucht, die oben liegt (die Teufelsschlucht)

Die faszinierende, wildromantische Teufelsschlucht in Ernzen nahe der luxemburgischen Grenze und ich brauchten drei Anläufe, bis ich Landschaft und Felsen wirklich genießen und auf mich wirken lassen konnte. Das zwischen uns ist eine lange und komplizierte Geschichte.

Sie beginnt im April 2011, als ich mich frohgemut mit zwei Teenagern und einer Vierjährigen im Schlepptau aufmachte, die Felsschlucht zu erkunden, und erst einmal an den Irreler Wasserfällen halt machte – im Grunde eine sinnvolle Idee, die auch zunächst zu schönen Erlebnissen führte. Da wir vorhatten, mit dem Auto zur Schlucht weiterzufahren, ließ ich die Hälfte meiner Vorräte im Auto und nahm nur etwas Bargeld, zwei Trinkflaschen und einen kleinen Snack mit zu den Wasserfällen. Wir kletterten hinab zum Fluss und erkundeten die Stromschnellen, überquerten die malerisch überdachte Brücke, bestaunten den Ausblick über das wilde Wasser und die gewaltigen Felsblöcke darin und durchstreiften schließlich den angrenzenden Wald. Auf einem Schild stand: Teufelsschlucht 2,0 km.

Nun, dachte ich bei mir, das ist nicht weit, und die Stufen, mit denen der Weg begann, sahen hübsch und einladend aus. Von den 180 Höhenmetern, die wir auf diesem Stück überwinden mussten, und dass der Rundweg durch die Teufelsschlucht weitere 1,8 Kilometer lang ist (ganz zu schweigen von seinem ständigen Auf und Ab), war nirgendwo die Rede. Bei jedem Felsen glaubten wir, die Schlucht erreicht zu haben, machten eine Pause, tranken, aßen, fotografierten und entdeckten dann ein weiteres Schild mit dem Vermerk „Teufelsschlucht“ und einer Kilometeranzeige, die einfach nicht signifikant kleiner werden wollte. Nach etwa einem Kilometer und gefühlten 1000 Stufen gingen uns Getränke und Verpflegung aus. Die Teenager meuterten. Die Vierjährige gab den letzten Schluck in ihrer Flasche dahin für die maulenden Jugendlichen. Klingt wie ein Märchen, fühlte sich an wie ein Alptraum und führte meinerseits zu Phantasien von plötzlich auftauchenden Helikoptern oder geländetauglichen Traktoren, die uns aus diesem „Irgendwo im Nirgendwo“-Trip befreiten.

Als wir die Teufelsschlucht endlich erreichten, übersahen wir die Abkürzung zum Besucherzentrum, stolperten hungrig, durstig und müde zwischen Felsen hindurch und Pfade und Stiege hinauf und hinab, ohne sie genießen zu können. Endlich im Besucherzentrum angekommen, füllte ich meine Flasche mit Leitungswasser, kaufte Essen und Trinken für die Kinder, eine Karte für mich (natürlich – die Menschen in der Eifel sind immer hilfsbereit – begleitet von einer exakten Wegbeschreibung bezüglich der kürzesten Strecke zurück zu meinem Auto), schärfte meinen Kindern ein, sich nicht vom Fleck zu rühren, und galoppierte die Abkürzung vom Besucherzentrum hinab zum Parkplatz an den Irreler Wasserfällen (ein Foto von der Brücke musste trotzdem noch sein!), stieg ein, fuhr die Strecke zum offiziellen Besucherparkplatz, lief von dort wieder zum Besucherzentrum (eine nicht enden wollende Entfernung von 500 Metern) und war nach rekordverdächtigen 45 Minuten wieder mit meinen drei Schützlingen vereint.

Fazit: Die Strecke erscheint deutlich länger und ist durch die Höhenmeter sehr anstrengend. Als Familie unbedingt „oben“ bei der Teufelsschlucht starten und mit dem Weg durch die Schlucht beginnen, solange man noch frisch und aufnahmefähig ist. Im Anschluss an eine Wanderung bietet sich ein Besuch im Dinosaurierpark an, der sich am Weg zwischen Parkplatz und Schlucht befindet. Bei Regen oder Frost kann der Pfad, der über Felsen, Stufen, Stock und Stein führt, glitschig und glatt sein. Es gibt eine Vielzahl von Wanderwegen unterschiedlicher Länge, die die Schlucht durchqueren. Unterhaltsam aufbereitete spannende Fakten rund um das Naturwunder und seine Entstehung gibt es auf dem 1,8 Kilometer langen kleinen Rundweg Teufelspfad 1 als Audiotour, die auch über eine App aufs Handy geladen werden kann. GPS-Geräte können im Besucherzentrum geliehen werden. Das Naturparkzentrum bietet neben „Teufels Küche“ noch ein Naturparkmuseum mit interaktiven Stationen, das Haus der Jagd und einen Info- und Souvenirshop. Das Besucherzentrum ist übrigens barrierefrei – die Schlucht ist es nicht!

Im Sommer 2019, bei meinem dritten Anlauf (der zweite scheiterte an einem trüben Novembertag 2013 an meiner negativ angehauchten Stimmung), erschloss sich mir endlich die traumhafte Schönheit und Faszination dieser Schlucht, die ihren Namen mehr als verdient hat: Ich drängte mich durch schmale Spalten, die ich nicht aufrecht durchqueren konnte, starrte auf bizarre Steingesichter, bewunderte wild wucherndes Grün und durchlöcherte Felsen und bestaunte die atemberaubende Aussicht hinab auf die sanft hügelige Eifellandschaft außerhalb der Schlucht. Die wilde, ungezähmte und berauschend schöne Natur verzaubert an jeder Ecke auf eine ganz urtümliche und aufregende Weise, die jeder Beschreibung trotzt. Da gibt es nur eines: Sehen, durchwandern und jeden Meter genießen!

Nun endlich hatte ich auch Augen und Ohren für die Entstehungsgeschichte der Gegend und ihre Besonderheiten: Die Teufelsschlucht liegt am Ostrand des Ferschweiler Hochplateaus, also weit über den Irreler Wasserfällen am Unterlauf der Prüm im Tal (die eigentlich Stromschnellen sind). Die Landschaft der Südeifel bildete sich vor 190 Millionen Jahren aus einem Meer heraus, dessen Reste heute noch an vielen Orten der Eifel sichtbar sind. Es sind nicht zuletzt die Versteinerungen und Fossilien, die diese Landschaft so einzigartig und faszinierend machen. Im Delta eines Flusses, durch die Anhebung des Rheinischen Schiefergebirges heute auf einer Höhe von 330 Metern, bildete sich eine ca. 30 Meter dicke Schicht aus Luxemburger Sandstein. Der darunter liegende Mergelboden war weich und wurde stellenweise herausgewaschen, was zu einem Abrutschen der darüber liegenden Felsschichten und zur Bildung von Klüften führte. Vor etwa 12.000 Jahren, zum Ende der letzten Eiszeit, bildete sich – herausgesprengt im ständigen Wechsel zwischen Frost und Tauwetter – eine 28 Meter tiefe Felsspalte im Sandstein, an ihrer engsten Stelle nur einen Meter breit: die Teufelsschlucht war entstanden. Ihre Lage hoch oben verwirrte die Menschen. Diese Schlucht war nicht durch einen Fluss entstanden, sie musste Teufelswerk sein. Schaut man sich die Felsgebilde mit etwas Phantasie an, können sie auch heute noch gespenstisch wirken. Die ins Tal gerutschten gewaltigen Felsblöcke finden sich auch an den Irreler Wasserfällen. Die wabenförmigen Löcher im Sandstein stammen übrigens von Kieselsäure-Einlagerungen. Und noch eine botanische Besonderheit haben die Felsen vor Ort zu bieten: das goldgrün reflektierende Leuchtmoos. Als gäbe es nicht schon genug zum Wundern und Staunen!

 

Adressen und Infos:
Naturparkzentrum Teufelsschlucht, Ferschweilerstraße 50, 54668 Ernzen, Tel.: 06525/933930, www.teufelsschlucht.de
GPS Besucherzentrum 49°50.8217’N 6°26.1164’E
GPS Teufelsschlucht 49°50.7232’N 6°26.4195’E
Dinosaurierpark Teufelsschlucht (gleiche Adresse): Tel. 06525/9339344 www.dinopark-teufelsschlucht.de

Weitere Infos: www.eifel-gps.de, www.eifel.info, www.naturpark-südeifel.de  

Youtube: https://youtu.be/LbBaF5ezv3U

Irreler Wasserfälle

Durchgang

April 2011: Der Weg begann harmlos und schön
November 2013 – hier sieht man deutlich, wie winzig der Durchgang ist: Der Wanderweg führt durch dieses Loch!

Von oben nicht viel mehr als ein Spalt: Blick von oben am Ausgang der Teufelsschlucht (Norden)
Vor dem Eingang des Dinosaurierparks