Weihnachtszauber von allen Seiten – Adventsblasen in Prüm

Vorfreude auf dem Hahnplatz in Prüm

Die Sehnsucht nach Lichterzauber und Andacht, nach der Stille, die sich so oft – wenn überhaupt – erst in der Heiligen Nacht über uns senkt, treibt mich am ersten Adventssamstag auf den Prümer Hahnplatz. Denn beim Adventsblasen, auch Turmblasen genannt, so das Versprechen (und da zitiere ich gerne einen TV-Artikel aus dem Jahr 2015), bleibt die Zeit für 20 Minuten stehen. Das möchte ich finden, das möchte ich spüren, nicht erst zur Weihnacht, sondern gleich zu Beginn dieser zauberhaften Lichterzeit! Sterne – am Himmel und über der Hahnstraße – geleiten und führen mich zum Ort des Geschehens, auf dem ein überdimensionaler, reich geschmückter Weihnachtsbaum (so einer, der wirklich bis obenhin geschmückt und verziert ist und auf dessen Spitze ein geschweifter Stern prangt) und weitere Sterne vom Zauber der Weihnacht künden.

Ein wenig schwindelig wird es mir, nachdem ich mich möglichst zentral und trotzdem leicht erhoben auf dem Hahnplatz positioniert habe, denn gleich muss ich nach allen Seiten schauen, um die Musiker im Licht der leuchtenden Sterne zu sehen: auf dem Balkon des Hotels Zum Goldenen Stern, im 1. Stock der Volksbank über dem Café 23, am Fenster eines Hauses an der Ecke zur Bahnhofstraße und last, but not least – hoch über allem und durch das Fenster weit entfernt und doch deutlich sichtbar – im linken Basilikaturm. Seit 1975 die Schwestern Marlies und Berta Hansen nach dem Vorbild des Salzburger Turmblasens die Veranstaltung ins Leben riefen, ist sie ein jährlicher Fixpunkt im Prümer Kalender und im Leben der Menschen vor Ort. Ganz bewusst wird auf jeglichen anderen Trubel ringsum verzichtet – alle Aufmerksamkeit gehört der Musik und denen, die sie schaffen.

Um mich herum finden sich immer mehr Menschen ein, und um Punkt 20 Uhr beginnt das einzigartige Erlebnis. Vorweihnachtliche Klänge aus Deutschland, aus dem Salzburger Raum und verschiedenen Nachbarländern, gespielt von den Bläsern des Musikvereins 1834 e.V. Prüm, füllen den Raum, und die Menschen werden still und horchen atemlos. Mit der Musik fluten auch Licht und Freude in die Herzen. Jeder einzelne Ton berührt die Seele, und die Ruhe, in der wir zuhören, findet ihren Widerhall in unserem Inneren. So gerne würde ich die Töne festhalten, doch Handy-Filmchen können den Zauber nicht wiedergeben. So bleibt mir nur meine Kamera, die die Lichter, den strahlenden Baum, die glänzenden Sterne und die eindrucksvolle Basilika in Bilder verwandelt, die mich an diesen Moment erinnern. Die eine Bläsergruppe beginnt, die andere folgt, man lauscht aufeinander, spielt nacheinander und gemeinsam, und dann schenken wir alle, die wir dort stehen, der Solotrompete unser Ohr. Traditionelle Weisen, Andachtsjodler und auch Klassisches wie „Tochter Zion“ bereiten uns vor auf die heilige Zeit. Und wenn der letzte Ton verklungen ist und der Jubel und das Klatschen uns noch auf dem Heimweg begleiten, dann sind Herz und Seele bereit für die nächsten Wochen: Es ist Advent!

 

Weiterführende Informationen:

https://www.ferienregion-pruem.de/kultur/tradition/turmblasen-zum-advent-in-der-abteistadt-pruem
https://www.pruem-aktuell.de/nextshopcms/show.asp?lang=de&e1=6&ssid=1&docid=2&newsid=58680
https://www.volksfreund.de/region/bitburg-pruem/zum-40-mal-spielt-der-musikverein-pruem-am-vorabend-des-ersten-advent-am-hahnplatz_aid-5542082
https://www.volksfreund.de/region/bitburg-pruem/adventsblasen-in-pruem_aid-64322261

Bläsergruppe auf dem Balkon des Hotels Zum Goldenen Stern
Bläsergruppe im linken Basilikaturm
Bläsergruppe an der Volksbank
Alle hören andächtig zu.
Vorweihnachtlicher Hahnplatz
Die Basilika im Lichterglanz.

Die Sterne weisen den Weg zum Hahnplatz.

 

Auf Zeitreise im Land der 12000 schönen Dinge – Museum Prüm

„Geh mal ins Museum in Prüm! Es wird dir gefallen!“ Diese Worte hörte ich bereits des öfteren von meiner Freundin, und mittlerweile habe ich diesen Rat bereits zweimal befolgt. Es ist interessant: Bei einem zweiten Besuch gibt es Ausstellungsstücke, auf die man sich bereits im Vorfeld freut wie ein kleines Kind! Bei mir sind es der Zinnteller, aus dem ich selbst als Kind gegessen habe (natürlich nicht aus genau diesem, aber er sah identisch aus) und das Modell der Stadt Prüm, wie sie 1769 vor dem großen Brand ausgesehen haben muss.

Wenn ich „kulturgeschichtliche Sammlung“ lese, klingt das erst einmal langweilig. Doch wenn die Ausstellung in Prüm eines nicht ist, dann das! Sie befindet sich in einem Seitenflügel des Rathauses und geht auf insgesamt 1000 m² über vier Etagen. „Eine Zeitreise durch die Geschichte des Prümer Landes“, so heißt es auf der Homepage. Ja, das trifft es schon eher, und ist doch immer noch zu kurz gegriffen. Für mich ist es auch eine Reise in meine Kindheit, denn auch wenn die bedauerlicherweise nur wenige Wochen im Jahr hier im Prümer Land stattfand, so gibt es doch etliche Ausstellungsstücke, die sicherlich jedem Besucher aus seiner Kindheit bekannt ist – es sei denn, er ist noch sehr jung.

Nun ist es also so weit: Ich besuche endlich wieder die 12000 (!) spannenden Ausstellungsstücke und freue mich wie ein Kind darauf! Die bunte Vielfalt beginnt in der 1. Etage gleich hinter der Kasse mit den Exponaten aus der Glockengießerei Weinsfeld, die zwischen 1461 und 1587 Weltruhm erlangte. Diese erste Etage ist übrigens barrierefrei und legt auch inhaltlich die Basis für mein Erlebnis: Im Flur dreht sich alles um die Geschichte Prüms. Eindrucksvoll und übersichtlich sind die Anfänge der Abtei ebenso dokumentiert wie die Hintergründe der enormen Entwicklung der Stadt als Zentrum der geistlichen Macht, in deren Schatten unzählige Siedlungen als Rodungen angelegt wurden. Karten, Fotos, Kunstprojekte und Schautafeln veranschaulichen die erläuternden Sachtexte. Daneben finden sich Schreib- und Rechenmaschinen, Grammophone und Schallplattenspieler, alte Schilder sowie alles, was zu schwer ist, um in den anderen Etagen ausgestellt zu werden: Maschinen, geologische Fundstücke, Versteinerungen und Relikte aus der Stein-, Kelten und Römerzeit. Und eine historische Kneipe! Zu manchen Themen können zusätzlich per QR-Code Videos und Informationen abgerufen werden. Von Zeit zu Zeit laden Stühle zum Verschnaufen ein, doch Augen und Hirn können keine Pause machen. Selbst das Treppenhaus ist vollgestopft mit interessanten Dingen, Informationen, Flaggen, Fotos, Modellen und Schautafeln zu historischen Ereignissen bis hin zum historischen Feuerwehr-Spritzenwagen oben unter dem Dach. Hier oben befindet sich zudem auch eine lichtdurchflutete Remise, die bis unter das nachgebaute Scheunendach angefüllt ist mit altem landwirtschaftlichem Gerät – eine Zeitreise für alle Sinne! Im Anschluss erwartet mich eine abwechslungsreiche Tour durch die Geschichte von Handel und Gewerbe. In jedem Raum wartet ein anderes Abenteuer: ein Tante-Emma-Laden, eine Schulklasse, eine Apotheke, eine Zahnarztpraxis, eine Post, ein Damen- und Herrenfriseur, historische Geräte zur Milchverarbeitung, Korbherstellung, zum Imkern, Waschen, Kochen, Nähen, Schneidern, Spinnen, Weben, Töpfern, Schmieden, Filmen und Fotografieren. Doch damit ist noch längst nicht Schluss: Alte Wasserleitungen, Werbe- und Hinweistafeln, echte Prümer Holz-Kleiderbügel, Fernseher aus längst vergangenen Zeiten und noch unendlich viel mehr runden das bunte Bild ab!

Und was liegt dazwischen? Die Puppen aus den Kasperletheatern haben teilweise die gleichen Gesichter wie die aus meiner Kindheit! Gretel, Kaspar, die Prinzessin, der Polizist… Ich hatte noch ein Krokodil. Wenn ich denke, dass deren Stoffumhänge längst in Fetzen hängen… Aber es gibt sie noch! Wäre meine Mutter noch am Leben, würde sie neue Umhänge nähen. Hier in der 2. Etage dreht sich alles ums Spielen: bunte Schaukelpferde, Puppen, Baukästen, Spielkarten und Brettspiele aus den verschiedensten Epochen. Auch ein Hochrad fehlt nicht und allerlei Kuriositäten! Im Treppenhaus dann wieder Informationen zu den Burgen im Prümer Land, zu Ereignissen wie dem Zeughaussturm, der Explosion am Kalvarienberg, Prüm zur Zeit der Gotik, Reformation und Gegenreformation, im 2. Weltkrieg und während der Zeit bis zur Verwaltungsreform 1971.

Gleich im Anschluss wieder etwas völlig anderes: Hüte und Kleidung, eine alte Küche, eine Kapelle und eine Klosterschreibstube mit religiösen Exponaten, Messgewändern, Wege- und Grabkreuzen. Der Weg führt vorbei am Goldenen Buch von Prüm und an Stuben, die bäuerliche Wohnkultur und bürgerliche Einrichtungsstile vom Biedermeier bis in die 1950er Jahre demonstrieren. In einem Regal im Flur steht das Radio, das in den 1970er Jahren noch im Wohnzimmer meiner Eltern seinen Platz hatte, und daneben die älteren Modelle der vorangegangenen Epochen. Im gleichen Flur: Hutnadeln!

Irgendwann schwirrt mir der Kopf! Sicher habe ich noch nicht einmal die Hälfte der Exponate überhaupt wahrgenommen! Aber es tut so gut, für ein paar Stunden abzutauchen aus unserer Zeit in eine andere, die nicht besser war, nur anders – aber diese Veränderung, diese Zeitreise, tut gut, entschleunigt, macht nachdenklich und entführt mich in eine andere Welt.

Ich werde meine Wanderung durch die Zeiten fortsetzen. Bald komme ich wieder! Und besuche natürlich wieder als erstes „meinen“ Teller. Und Papas Radio. Und den Kasperl. Ganz bestimmt! Au revoir, liebes Museum! Schön, dass du da bist!

 

Weiterführende Informationen: www.museum-pruem.de

Öffnungszeiten:
1. Juni – 15. September: Di, Do, Sa + So14-17 Uhr
16. September – 31. Mai: Mi, Sa + So 14-17 Uhr
(an Feiertagen geschlossen!)

Eintrittspreise (03/2023): Erwachsene 2 €, Kinder 1 €, Kinder bis 10 Jahre und Schulklassen frei

Museumsrallye: https://www.museum-pruem.de/museumsralley

 

 

„Was wollt ihr eigentlich mit dem ganzen Obst???“ – Euelsberger Brennerei

Die Eifel und Alkohol – das ist seit jeher eine gelungene Kombination. Dass jemand seine Liebe und Verbundenheit zu dem rauen und doch idyllischen Landstrich durch Spirituosen ausdrückt und damit international Ruhm und Ehre erlangt, ist dagegen neu und macht mich absolut neugierig! Nicht zuletzt wegen der Parallele zu mir: Das Leben spielt sich eigentlich außerhalb der Eifel ab, und doch fasst man beruflich genau dort Fuß, wo das Herz zuhause ist.

Also machte ich mich – natürlich nicht ohne telefonische Absprache – an einem trüben Herbsttag auf in das für mich immer noch etwas verwirrende Labyrinth an kleinen Ortschaften irgendwo zwischen den Hügeln südwestlich von Schönecken: nach Dingdorf, das laut Wikipedia Ende 2021 111 Einwohner zählte. („Funfact“ am Rande: Genau diese Zahl, 111 Einwohner, zählt Schönecken derselben Quelle zufolge übrigens pro km².)

Einer dieser Einwohner des Dorfes ist Stephan Thomé, der mich in einem umgebauten alten Kälberstall erwartet, und das in bester Gesellschaft: Im Regal über dem massiven Bartisch stehen etliche Sorten Gin, Limoncello, Eierlikör und verwirrend viele Flaschen und Behälter mit dem prägnanten Euelsberger-Logo, einer stilisierten Eule. An der Stirnseite des Raums glänzt mir die Brennanlage entgegen, eine klassische Anlage von Kothe aus 4 mm starkem Kupferblech mit einer 100-Liter-Brennblase, die speziell für die Gegebenheiten vor Ort angefertigt wurde und deren Größe beispielsweise durch Türbreite und Raumhöhe limitiert wurde. Passend zum Ambiente fällt mir auch der stilechte Fußboden aus 2 cm starken Zementfliesen ins Auge, der ganz klassisch ländlich-schwarz-weiß daherkommt und so aussieht, als hätte er auch schon vor 100 Jahren diesen Raum schmücken können. Ich erklimme einen der Barhocker und lausche, wie es zu der Erfolgsgeschichte kommen konnte.

Eigentlich kommt Stephan Thomé gar nicht aus der Eifel; der Hobbykoch aus dem Harz und seine Frau Claudia lebten und arbeiteten sehr erfolgreich in Berlin. Im Herbst jedoch kümmerten sie sich bereits einige Jahre um die Eifeler Streuobstwiesen der Schwiegereltern am Euelsberg, die vor langer Zeit vom Uropa angelegt und gepflegt wurden. 2012 bekam das Paar die Wiesen geschenkt, und der Schwager stellte ihnen zu Recht die Frage: „Was wollt ihr eigentlich mit dem ganzen Obst???“ Es war später am Abend, der Alkohol floss, und plötzlich stand die geniale „Schnapsidee“ im Raum: „Ich baue eine Brennerei!“ Gesagt, getan: Es wurden die Brennrechte beantragt, Gesetze studiert und Techniken und Fertigkeiten erlernt. Und da es schon reichlich Obstbrennereien in der Region gibt, experimentierte der Mann mit dem feinen Gefühl für Aromen und entwickelte aus 120 Kräutern gleich drei Prototypen Gin für die Freunde zum Ausprobieren. Der Cousin der Ehefrau, Eric Remberg (besser bekannt unter dem Künstlernamen Specter), entwarf das Eulen-Logo für die Brennerei am Fuße des Euelsbergs. Der Zuspruch war groß, entscheiden konnte sich niemand so recht, und so gingen gleich alle drei Produkte in Serie, als Mitte 2017 die bereits erwähnte kupfern glänzende Brennanlage im ehemaligen Kälberstall einzog. Der Qualitätsanspruch ist gewaltig. So verwendet Stephan Thomé 4 kg Wacholder zur Herstellung von 100 Litern Gin. Keine der verwendeten Früchte hat den Boden berührt; auf diese Weise werden Verunreinigungen und die Bildung von Pilzsporen ausgeschlossen. Durch einen verlängerten Herstellungsvorgang von 14 Tagen – man spricht hier auch vom Mazerieren – entsteht ein Aroma, das seinesgleichen sucht. Und reichlich prämiert wird. So erhielten mehrere Produkte bereits den „Oscar“ der Branche bei den World Spirit Awards. Bei der „New York International Spirits Competition“ wurde Euelsberger zur „German Gin Destillery of the Year 2019“ ausgezeichnet. 2022 erhielt die Nummer 4 die Auszeichnung „Best German London Dry“ bei den „World Gin Awards“. Innerhalb kürzester Zeit fanden die hochdekorierten Eifeler Spirituosen den Weg in die Spitzengastronomie und die hippen Clubs der Großstädte. Längst hat das Paar die früheren Berufe und das Leben in Berlin aufgegeben und lebt in Dingdorf, wo sich alles um die Gin-Produktion dreht. Der Verkauf erfolgt sowohl online als auch im kleinen Hofladen und im Einzelhandel. Auch Verkostungen und Führungen werden in verschiedenen Varianten angeboten, beispielsweise „analog“ vor Ort oder auch online. Dabei gibt es eine Menge zu lernen: Wie unterscheidet sich ein Gin von einem Geist oder einem Obstler? Wo liegen die Unterschiede im Herstellungsverfahren? Was genau passiert in der Brennanlage? Vor Ort gibt es dann noch Limousin-Rinder und bei einem Spaziergang auch den Euelsberg zu sehen – und auf dem Spielplatz in der Nachbarschaft einen der ältesten Birnbäume in Rheinland-Pfalz. Er ist über 170 Jahre alt.

Nun sitze ich hier und muss mich entscheiden. Mit einem verschmitzten Lächeln legt Stephan Thomé die Reihenfolge fest, in der ich die fünf verschiedenen Sorten verkosten soll, alle gemischt mit Tonic Water. Sie zu unterscheiden ist einfach, denn sie tragen sowohl Nummern als auch einen zusätzlichen Namen, beispielsweise Euelsberger #1 „Pepper & Lemon“. Ich probiere hin und her, immer wieder, spüre den Gin auf der Zunge und lasse den Geschmack auf mich wirken. Es macht Freude, ist spannend, doch die Unterschiede sind gewaltig! Jede Sorte ist anders: die Nummer #1 ist spritzig und pfeffrig mit Zitrone, Euelsberger #2 weich und blumig, bei #3 wird es weihnachtlich – dann wieder schmecke ich den Eifelwald und beim nächsten Gin das Mittelmeer. Mein Favorit??? Natürlich die Nummer #4 mit dem schönen Namen „Eifel“, mit Fichtensprossen und -nadeln, Eichen- und Eschenrinde, Ginster, Mistel, Efeu, Walnuss- und Haselnuss-Elementen, Apfel, Schlehe, Eberesche und natürlich mit Wacholder. Es schmeckt, wie die Eifel riecht und sich anfühlt, wenn ich durch den Wald und über die Höhen laufe. Ein Stück Zuhause! Die Zutaten sind alle vor Ort gesammelt, auf den Wiesen und in den Wäldern. Lediglich der Wacholder ist in der Eifel geschützt und darf hier nicht geerntet werden. Aber auch der „fremde“ Wacholder riecht natürlich nach dem Landstrich, in dem er auf Wiesen aus Kalkmagerrasen wächst und gedeiht, wie in der Schönecker Schweiz.

Eine Frage habe ich noch (denn probieren ist einfach, wenn man einfach alles fertig eingeschüttet präsentiert bekommt): Wie trinkt man eigentlich Gin? Und welche Gläser verwendet man? Mit leuchtenden Augen erteilt Stephan Thomé Auskunft. Pur auf Eis, in einem Tumbler, aus dem man auch Whisky trinken könnte, schmeckt Nummer #3 „Plum Oriental“ besonders gut, das ist der, den ich insgeheim den „Weihnachtlichen“ nenne (kein Wunder, es ist ja auch Sternanis auf der Zutatenliste). „Meine“ Nummer #4 eignet sich auch sehr gut für Cocktails. Klassisch trinkt man Gin als „Gin Tonic“ aus einem Wein- oder Longdrink-Glas, mit Tonic Water im Verhältnis 1:4 oder auch 1:3 gemischt. (Nur um „Schnapsideen“ vorzubeugen: der Gin sollte dabei den kleineren Teil ausmachen!)

Na, da schenke ich doch gerne nach und genieße den Gin aus der schönen Apothekerflasche mit Korken und dem stilvollen Eulen-Etikett. Und kann sie mit nach Hause nehmen, meine Eifel, und noch eine Weile davon trinken. Prost!

 

Weitere Infos:

www.euelsberger.com

Interessante Artikel/Podcast mit noch mehr Infos:

https://eifelpodcast.de/2022/05/08/euelsberger-gin-aus-der-eifel/

https://www.euelsberger.com/news/2019/2/2/volksfreund-euelsberger-gin-aus-der-eifel-erobert-hongkong

https://www.braunschweiger-zeitung.de/wirtschaft/presseportal/article234881767/Gold-fuer-Euelsberger-Gin-1-PEPPER-LEMON-auch-bei-hochkaraetigem-World-Spirits-Award-2022.html

https://static1.squarespace.com/static/59917af4bf629a9f245edf68/t/61dabe288bc0bb15e768bfbb/1641725481417/Rhein-Zeitung+07.01.2022.jpg

https://zeitung.faz.net/faz/unternehmen/2020-06-08/d10ca1429d850eca09bccba02956c09a/?GEPC=s9

https://www.amagin.de/produkt/euelsberger-gin-1-pepper-and-lemon/

Stephan Thomé in seinem Element, umgeben von seinen Produkten und seinen Auszeichnungen
Herz des Ganzen: Die Brennanlage von Kothe

Auch Euelsberger #4 „Eifel“ wurde bereits mehrfach ausgezeichnet
Ein Teil der bisherigen Auszeichnungen und Urkunden – to be continued…
Das prägnante Eulen-Logo ziert auch die Hauswand

Die Streuobstwiese am Euelsberg mit 100 Obstbäumen und etlichen Bienenstöcken ist auch an einem trüben Herbsttag ein erfreulicher Anblick!
Der Euelsberg
Neugieriges Limousin-Rind auf der Wiese vor dem Hof

Keine Hexenhäuschen oder Grabhügel – die Kalköfen in der Eifel

Der Kalkofen zwischen Rommersheim und Fleringen

Als ich vor zwölf Jahren in die Eifel zurückkehrte, hörte ich davon und hatte keine Ahnung – war aber furchtbar neugierig. Kalkofen hier, Kalkofen da. Worum geht es da eigentlich? Und wo kann man sich das anschauen?
Wir finden sie überall, wo die Eifel Kalkgestein zu bieten hat. Manchmal sind sie deutlich als Gebäude erkennbar und wecken unsere Wissbegier, und manchmal glauben wir stattdessen, einen keltischen Grabhügel vor sich zu haben. 500 Jahre lang versorgten sie die Eifel mit Kalk zum Bauen und Düngen, größtenteils noch bis nach dem 2. Weltkrieg. Auch in den Namen von Orten, Gütern oder Familien finden sie sich noch wieder und weisen auf die Vergangenheit hin.
Zwischen Fleringen und Rommersheim findet sich ein besonders gut erhaltenes Exemplar mit Informationstafel, ebenfalls zwischen Niederehe und Nohn an der L68. Eine Fundstelle bei Iversheim (Bad Münstereifel) weist auf ein großes römisches Kalkwerk hin, das um 150 bis 300 n.Chr. betrieben wurde. An anderen Stellen befinden sich von Gras überwucherte „Hügel“ als Reste solcher Kalköfen, die kaum als solche zu erkennen sind, so wie wir sie südlich oberhalb von Fleringen in der Nähe der Schönecker Schweiz auf einer Kuhwiese finden, etwa 700 Meter Luftlinie von der Krausbuche entfernt.
In der Prümer Kalkmulde fand sich eine große Dichte dieser Öfen. So sind allein für Fleringen im Jahr 1856 neun Öfen belegt. 1985 sorgte der „Geschichtsverein Prümer Land“ für die Reaktivierung des oben genannten Kalkofens zwischen Rommersheim und Fleringen, der heute frei zugänglich besichtigt werden kann. Wir können hineinkriechen, drumherum laufen, den Ofen von allen Seiten sehen und anfassen und uns in alte Zeiten hineindenken. Von Zeit zu Zeit wird hier aktiv Kalk gebrannt. Davon zeugt auch der Boden des Kalkofens, wenn man ihn betritt. Oft sind die Spuren zwar von Laub bedeckt, aber sie sind da und erzählen uns ihre Geschichte.
Und wie funktioniert das Kalkbrennen? Beim Brennen im mit Holz befeuerten Ofen entweicht Kohlensäure aus dem Kalk. Der gebrannte Kalk wird mit Wasser „gelöscht“, die so gewonnene Kalkmilch dann als Mörtelgemisch (mit Sand und Wasser) oder zum Kalken von Fassaden und Räumen verwendet, wobei das Wasser verdunstet und die Kohlensäure durch die Luft wieder in den Kalk eindringen kann. Der frische Baustoff hat allerdings eine ätzende Wirkung auf Augen und Haut.
Vieles ist noch aus alten Zeiten überliefert, so eine alte Schilderung von Johannes Busch (geb. 1854) über die Kalkbrennerei in Schönecken. Dort wird erzählt, dass die Menschen ebenso aus St. Vith im Westen wie auch aus östlicher Richtung aus der Gegend weit hinter der Kyll nach Schönecken kamen. Vier bis acht Öfen gehörten jeweils einer Familie. Nebenan befanden sich Ställe oder Unterstände für das Vieh der Kundschaft, das für den Transport genutzt wurde. Im Sommerhalbjahr lebte auch die Familie des Kalkbrenners vor Ort, die der Kundschaft sowohl Kaffee als auch verbotenerweise selbst gebrannten Korn anboten. Nach 1890 löste Thomasschlacke den Kalk als Düngemittel ab, was zu einem starken Rückgang der Nachfrage führte. Nikolaus Arenth, ein Nachfahr der Schönecker Ofenbetreiber, gab 1995 das überlieferte Wissen preis und schildert, dass knapp 5000 Reisigbündel aus den umliegenden Wäldern benötigt wurden, um in einem solchen Ofen Kalk zu brennen. Auch nach dem Krieg, als Baumaterial knapp war, wurde hier nochmals ein Ofen in Betrieb genommen.
Mit all diesem Wissen machen wir uns auf den Weg und erkunden die Öfen – die Hügel am Wegrand ebenso wie die rekonstruierten Gebäude am Wegrand, die wir nach Herzenslust anschauen, anfassen und erkunden können. Und laufen durch das raschelnde Laub, bücken uns, um durch das Loch ins Innere des Ofens zu gelangen, und dann stehen wir dort und werden ganz still und können ihn hören, riechen und fühlen, den Hauch der alten Zeiten.

Koordinaten Kalkofen in Rommersheim: 50°11’53.7″N 6°27’50.5″E /
bei Üxheim-Niederehe: 50°19’14.1″N 6°46’43.3″E /
Hügel südlich von Fleringen: 50°11’42.5″N 6°29’54.5″E


Weitere Informationen: https://www.schoenecken.com/HTML/kalkoefen.htm
https://www.eifel.info/a-kalkofen-1
https://www.eifel.de/go/sehenswertes-detail/kalkofen_hillesheim.html

Im Kalkofen

Kalkofen in Üxheim-Niederehe (in der Nähe der Nohner Mühle)
Grüße aus dem Auenland – diese Hügel sind ehemalige Kalköfen (zu finden am Rand der Schönecker Schweiz)
Kalkofen in Niederehe an der Basis
Infotafel über den Kalkofen an der Landstraße zwischen Rommersheim und Fleringen

Spaß beim Erkunden
Milch ist auch weiß – Kühe weiden auf den ehemaligen Kalköfen am Rand der Schönecker Schweiz

Viel mehr als nur Eierlaufen – „Hase und Igel“ am Ostermontag bei der Schönecker Eierlage

104 Eier warten auf der Von-Hersel-Straße auf den Raffer.
Die Perspektive täuscht: Die Eier liegen im Abstand von 62,5 cm (1 Elle).

Stellen Sie sich vor, Sie wohnen in Schönecken, und am Ostersamstag klingelt ein (mehr oder weniger) junger Mann und bittet um Eier – dann sollten Sie ihm welche geben! Denn dieser Mensch ist der „Raffer“ oder der „Läufer“ bei einer der ältesten und interessantesten Ostertraditionen überhaupt – der Schönecker Eierlage!
2011 wurde ich erstmals Zeugin dieses faszinierenden Wettlaufs. Damals wurde der Läufer mit einem Alter von 44 Jahren zum ältesten Sieger der Eierlage gekürt. 2014, bei meinem zweiten Besuch, konnte ich den damaligen Raffer erneut als Läufer bejubeln, der ebenfalls siegte.

Doch was geschieht eigentlich am Ostermontag in Schönecken? Aus dem Mund meiner damals vierjährigen Tochter geschildert passiert folgendes: „Der Eine läuft immer hin und her und hat manchmal ein Ei. Am Ende hat der andere gewonnen, aber den hat man nie gesehen. Alle haben nur gesagt, dass er gewonnen hat.“
Im Klartext: Auf der Von-Hersel-Straße werden 104 rohe Eier im Abstand von einer Elle (62,5 cm) ausgelegt. Um 14 Uhr treten zwei Junggesellen gegeneinander an: Der „Raffer“, der diese Eier einzeln aufsammeln und in den Korb bringen muss, und der Läufer, der die Wegstrecke ins benachbarte Seiwerath und zurück – 7,6 Kilometer bei 122 Metern Höhenunterschied – auf sich nimmt. Der Raffer kann selbst entscheiden, wann er welches Ei aufsammelt, doch es muss einzeln geschehen. Dabei legt er maximal etwa 65 Meter und insgesamt 6,9 Kilometer zurück. Hinzu kommen 104mal stehenbleiben, bücken, aufheben, umdrehen und zurücklaufen. Das letzte Ei darf er werfen. Wer seine Aufgabe zuerst beendet hat, ist der Sieger des Wettbewerbs.

Die Feierlichkeiten beginnen übrigens am Karsamstag mit dem Aufbauen. Am Ostersonntag richtet die Junggesellensodalität bereits ein großes Fest im Gemeindezentrum aus. Der Ostermontag ist geprägt vom Hochamt und gipfelt in dem Wettlauf mit anschließendem Umtrunk und Tanz im Festzelt. Nach dem Aufräumen werden am Dienstag als feierlicher Abschluss die für den Lauf gesammelten Eier verzehrt. Spannend ist jedoch auch die Versteigerung am Palmsonntag, eine Woche vor Ostern. Die Junggesellen bewerben sich paarweise als Raffer und Läufer. Ihnen werden vom Verein 25 Euro angeboten. Im Anschluss unterbieten sich die Bewerber in einer rückwärts laufenden Versteigerung (die Beträge werden also immer kleiner). Bleiben nur noch drei Paarungen übrig, entscheidet die Sodalität darüber, welche davon am besten geeignet ist, anzutreten. Die beiden Sieger geben nun bekannt, wer von ihnen der Raffer und wer der Läufer ist – eine Neuigkeit, die im Dorf schnell die Runde macht.

Als wir am Ostermontag Schönecken erreichen, gleicht besonders die Von-Hersel-Straße einem Hexenkessel. Schaulustige von Nah und Fern bevölkern die festlich geschmückte Ortschaft (auch liebevoll „Flecken“ genannt) und fiebern mit den Probanden um den Sieg. Die Spannung steigt, sobald der Läufer den Punkt erreicht, an dem er von Schönecken wieder sichtbar ist. Der Böllerschuss treibt den Raffer zur Eile. Die Menge tobt. Schweißgebadet hastet er durch die enge Gasse zwischen den Zuschauern hindurch – geschützt, begleitet und angefeuert von seinen Junggesellen-Kollegen und getragen von der Menge. Letztlich ist der Läufer auch von der Von-Hersel-Straße aus sichtbar. Nun wird es eng für den Raffer, wenn er noch nicht fertig ist! Nur noch wenige Meter, und der Läufer hätte gewonnen…

Wer würden Sie sein wollen – Läufer oder Raffer? Welche Strategie würden Sie als Raffer verfolgen? Erst die kurzen Strecken? Oder die langen?
Ich denke darüber nach, wann ein junger Mann ein Junggeselle ist. Darf er schon …? Tatsächlich dürfen die Teilnehmer nicht verheiratet sein und keine Kinder haben.

Und was ging meiner kleinen Tochter durch den Kopf? „Mama, warum heißt der Raffer eigentlich Raffer? Der läuft doch auch…“ Kluges Kind! Das Wort raffen ist vielleicht etwas altmodisch, bedeutet aber in etwa „aufheben“. Eifler kennen sicher den Begriff „oprafen“, zum Beispiel beim Steinesammeln auf dem Feld. Und was dachte die Kleine noch? „Warum nimmt der nicht mehrere Eier auf einmal?“ Was soll ich dazu sagen? Spielregeln? Alte Traditionen?

Wie gut, dass es die in der Eifel noch gibt!

Der Ursprung dieser einzigartigen Tradition zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht, weil er so wunderbar typisch für das Leben und die Menschen in der Eifel ist – der Sage nach schon um 1500:
In Schönecken lebten 14 Junker, die neben gewöhnlichem Dienstpersonal auch Läufer beschäftigten, die für sie Besorgungen erledigten. Ein Zechgelage der Ritter führte zu fortgeschrittener Stunde zu Zank und Streit und großmäuligen Sprüchen. Jeder glaubte, den schnellsten Läufer zu haben. Um herauszufinden, wer von ihnen Recht hatte, wetteten sie – jeder auf seinen Läufer. Die Wettläufe erfreuten sich auch beim Volk größter Beliebtheit, und bereits nach kurzer Zeit fand zu Ostern der Wettstreit in einer Form statt, die sich bis heute erhalten hat. Zur damaligen Zeit handelte es sich um 100 bis 110 Eier, und der Läufer lief bis Niederhersdorf und malte dort ein Kreuz an die Kirchentür, bevor er zurückkehrte. (Ich hoffe, er kam nie auf den Gedanken, jemand anderen damit zu beauftragen. Wurde die Tür bewacht, um festzustellen, dass es wirklich der Läufer war, der sich dort verewigte?) Nach der Rückkehr des Läufers gaben sich Raffer und Läufer Kuss und Handschlag und erhielten ein Trinkgeld. Anschließend wurde auf der Burg ein großer Ball abgehalten. Und natürlich ein fröhliches Eier-Essen!
(Tatsächlich urkundlich nachgewiesen ist der Brauch im Jahr 1764. Aber man geht davon aus, dass er deutlich älter ist. Und es wäre doch nett, wenn es so abgelaufen wäre wie oben beschrieben…)

Weitere Informationen: www.eierlage.de, http://www.schoenecken-eifel.de/EIERLAGE.HTM, https://www.ferienregion-pruem.de/kultur/tradition/eierlage-in-schoenecken

Quelle und Buchempfehlung: Alois Mayer: Sagenhaft & Wunderbar – Sagen und Erzählungen aus dem Altkreis Prüm (Veröffentlichungen des Geschichtsvereins Prümer Land, Band 59), www.gvpl.de

Zwei Kameraden begleiten den Raffer und sorgen dafür, dass ihm niemand im Weg steht.
(Aufnahme aus dem Jahr 2019)
Ei ausgewählt und aufgehoben (opgeraft). Jetzt schnell zurück zum Korb.
„Oprafen“
104x hinlaufen, aufheben und dann schnell zurück zum Korb – begleitet von den Anfeuerungsrufen der Zuschauer und Kameraden. Kamerateams halten alles fest.
Der Läufer naht. Nun bleibt dem Raffer nicht mehr viel Zeit.
(Aufnahme aus dem Jahr 2014; der Läufer 2014 war bereits 2011 als Raffer bei der Eierlage aktiv. Begleitet wird er unter anderem von dem Läufer aus dem Jahr 2011 (links), der damals siegte.)
Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit: das Ei
Nicht jeder Besucher ist aufmerksam. Obwohl die Eier bei der Veranstaltung im Mittelpunkt stehen, wird das eine oder andere Ei im Vorfeld des Laufs von unachtsamen Fußgängern zertreten. Dann muss schnell für Ersatz gesorgt werden.
Vorbereitungen: Läufer, Raffer, Hauptmann und Brudermeister kontrollieren die regelrechte Auslage der Eier. Die mediale Aufmerksamkeit ist groß.
Raffer und Läufer kurz vor dem Start der Eierlage. Noch schnell etwas trinken und dann auf den Wettbewerb fokussieren.